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Re: [phm@xxxxxx: [ffii] Ratspraesidentschaft "beschliesst" Softwarepatent-Vereinbarung]



Nils Ketelsen schrieb:

> Und Software-Schreiben ist doch zu einem Grossteil die Kunst Teile anderer
> Programme abzuschreiben und neu zu ordnen. Und das wird sich auch nicht
> aendern, wenn es patentiert ist, was man da kopiert. Vielleicht gibt man
> sich dann ein wenig mehr Muehe es mit Fuellmaterial zu versehen, damit die
> Patentverletzung nicht so auffaellt.

"Abzuschreiben und neu zu ordnen" trifft es nicht ganz. Tatsächlich müssen
wir davon ausgehen, dass in vielen Bereichen ein netzweiter kooperativer
Entwicklungsprozess im Gange ist. Die Kooperation erfolgt in der Regel
implizit, also ohne ausdrückliche Vereinbarungen zwischen den Beteiligten.
Vielmehr wird die Zusammenarbeit durch die allseits verfügbaren Informa-
tionen und Medien im Netz sowie die zugehörigen Suchmaschinen vermittelt.
Das ist einer der Gründe, weshalb Softwarepatente als willkürlich vergebene
Monopolrechte empfunden werden. Die Ergebnisse von gemeinsamen Lernprozessen
einer offenen und großen Gruppe können nur Allgemeingut sein.

Techniken und Verfahren, die wir in der Softwareentwicklung nutzen, sind
das Ergebnis solcher Prozesse. Sie waren es schon immer; das Internet hat
die Sache lediglich vereinfach, beschleunigt und verstärkt. Nehmen wir
zum Beispiel das Session Management, das jede Webanwendung braucht. Wer
sich Session Management nicht vorstellen kann, denke statt dessen an den
Warenkorb im Online-Shop. Der ist nämlich nichts anderes. Vom Session
Management kommt man ohne erfinderischen Schritt zum Warenkorb. Man muss
das Konzept nur in einem Online-Shop einsetzen. Und das tut man sowieso,
weil ein Online-Shop eine Webanwendung ist.

Wer hat das Session Management für Webanwendungen erfunden? Niemand. 
Beziehungsweise alle:

   * Die Entwickler und Weiterenwickler des Protokolls HTTP. 
   * Unzählige Entwickler von Webanwendungen, die Eigenschaften des
     Protokolls auf verschiedenste Weise genutzt haben. Das schließt
     alle Fehlleistungen mit ein.
   * Hacker und Sicherheitsexperten, die Systeme und Anwendungen auf
     ausnutzbare Fehler testen und ihre Ergebnisse dokumentieren und
     diskutieren.
   * Wissenschaftler, etwa die Autoren von "Dos and Don'ts of Client
     Authentication on the Web".
   * Organisationen wie die OWASP Foundation (http://www.owasp.org/),
     die Dokumentation, Werkzeuge und Standards produzieren und
     bereitstellen.
   * Entwickler, die Best-Practice-Beispiele (oder auch ihre ganz per-
     sönliche Vorstellung) in Bibliotheken gießen.
   * ...

Aktueller Zwischenstand: Wir wissen, wie man es richtig macht, aber 
viele machen es immer noch falsch.

So. Jetzt wollen wir Patente vergeben. Wer soll denn bitteschön eins
bekommen? Einer für die Gesamtleistung des Teams? Wer? Oder vielleicht
jeder, der etwas beigetragen hat? 

Gruß
        Sven


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