Re: [Debate] FYI: Zensur im Globalen Dorf - das Web und dieMeinungsfreiheit
Hi Juergen,
On Mon, 28 May 2007, Juergen Fenn wrote:
> aus meiner Sicht diskutieren wir an dieser Stelle ein rein
> rechtstheoretisches Problem.
Aus meiner Sicht diskutieren wir ueber ein rein technisches Problem;-)
naehmlich das der Archivierung von Mailinglisten, welches seit einigen
Jahren praktiziert wird und dann von Juristen als rechtliches Problem
"entdeckt" wird;-)
Spass beiseite, ist da tatsaechlich etwas dran, und so ist es auch ein
kulturelles Problem.
Die "Netzkultur" ist ja tatsaechlich ein gewachsener, zunaechst nicht
regel-, aber gewissermassen rechtsfreier Raum.
Einige Techniker hier auf der Liste kennen das noch aus Zeiten, als
Verstaendigung auf Mailinglisten oder im Usenet ein Eintauchen in eine Art
Subkultur war, die in der Oeffentlichkeit gar nicht wahrgenommen wurde. Da
sie nicht kommerziell gepraegt war, gab es auch keinen Druck, in dieser
Hinsicht zu regulieren, desweiteren war der beschraenkte Nuzerkreis, der
technisch versiert war, das Gefuehl, Selbstregulation via Nettikette etc.
waere ausreichend.
Und die Anfaenge dieser Netzkultur war ausserdem angelsaechsisch, speziell
amerikanisch gepraegt und teilweise recht "hippiemaessig", dazu noch mit
dem Unterbewusstsein des Elitaeren und einer Offenheit, die
Laendergrenzen sprengt.
Dann kam das WWW und dann der Kommerz und dann die Regierungen und dann
die Rechtsanwaelte... und dazu noch die aller Laender.
Fuer die "Alteingesessenen" des Internets gab es ploetzlich eine Welt
voller "Autoritaeten", die die nur einmal vorhandene Weltoffenheit aus
hundertfuenfzig Laendern bedrohen.
Und teilweise mit recht fragwuerdigen Methoden, die auch von
Unverstaendnis der technischen Moeglichkeiten und Unmoeglichkeiten des
Internets zeugen, und oft mit der Ueberzeugung der Deutungshoheit
versehen.
Es ist auch das Ende eines Zeitalters. Siehe doch nur das Land, wo ich
lebe, wo Kids zwei Generationen frueher allein barfuss zur Schule liefen,
und draussen im Busch war einfach - sieh zu, dass Du klarkommst. Dies ist
ein grosser Kontinent, nicht gerade sehr dem westlichen
Zivilisationsbeduerfnis entsprechend, mit Naturkraeften, mit denen
manchmal nicht zu spassen ist (der Sturm heute hat den Palmen vor der
Haustuer heute dutzendweise uebermannshohe Palmwedel, bestimmt mehr als
zehn Kilo schwer, abgerissen, und das passiert hier regelmaessig, ein paar
Male im Jahr).
Heute darf ich mein Kind nicht mehr schlafend allein zu Haus lassen, wenn
es unter zwoelf ist, und wenn einer vom Baum auf meinem Stueck Land ins
Wasser springt und sich den Kopf blutig stoesst, werde ich verklagt, dass
ich den Baum so achtlos nahe am Wasser wachsen lassen habe und so diesen
Kopfsprung ermoeglichte (wirkliche Geschichte, ist hie passiert).
Insofern ist das Internet auch ein Spiegel gesamtgesellschaftlicher
Verhaeltnisse - die Ueberregulierung des privaten Raums durch die Justiz,
die letztendlich persoenliche Freiheit beschneidet und Eigenverantwortung
und gesunden Menschenverstand durch Versicherungsrecht ersetzt.
Warum muss ich den Baum faellen, nur weil Leute so bloed sind, von da ins
Wasser zu springen? Warum muss ich ein Listenarchiv vor Verschmutzung
durch Privatadressen absichern, nur weil Leute so bloed sind, ihre eigene
Adresse dort zu hinterlassen?
Gruss
Peter
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