Re: Berufung Voss ./. T-Online (Vorratsspeicherung), Termin fuer Entscheidungsverkuendung
* Kurt Jaeger:
>> Eine Einstellung jeglicher Strafverfolgung habe ich hier gar nicht
>> gefordert.
>
> Ein komplettes Verbot der IP-Adressen-Speicherung laeuft darauf hinaus.
Das ist nicht der Fall. Beispiel: Die paar Ermittlungserfolge gegen
Online-Trickbetrüger sind *nicht* darauf zurückzuführen, daß
IP-Adressen in irgendwelchen Logfiles auftauchten (zumindest spielte
das keine zentrale Rolle).
Bestimmte Straften lassen sich nicht mehr verfolgen, bzw. nur noch mit
sehr großem, unverhältnismäßigem Aufwand. Die Gesellschaft ist aber
meist schon heute nicht bereit, hier die Verfolgung zu finanzieren
(vgl. die erwähnten Massenanzeigen).
> - Die Extremposition ist wg. der vielen Wuermer/Viren/Spam usw
> nicht durchhaltbar. Ohne Bekaempfung ist das Netz bald nicht
> mehr nutzbar.
Wirklich?
Ich kann nicht feststellen, daß die Nutzbarkeit des Netzes in dem Maße
abgenommen hat, wie sich die verwurmten Kisten ausbreiteten. Im
Gegenteil, es gibt inzwischen ganz brauchbare Spamfilter, so daß die
Nutzbarkeit eher zunahm.
Natürlich muß man die Hardware aufrüsten, und die verschwendete
Bandbreite nimmt zu. Aber explodieren die Kosten wirklich?
> (LF.net hatte in den letzten 24 Monaten ca. 1200 Vorfaelle,
> d.h. 2 Vorfaelle pro Tag)
Dabei seid Ihr noch nicht mal in allen Benachrichtigungssystemen
registriert. Die (m.E. überzogenen) Blackworm-Warnungen habt Ihr z.B.
gar nicht bekommen.
> - Wir bieten auch keine Flatrates an (Kostenrisiko zu gross).
> Wenn die grossen ISPs, die flatrates anbieten, nicht mehr
> rausfinden duerfen, wieviel der einzelne Kunde nutzt, dann
> werden sie das wohl auch schrittweise aufgeben, weil das
> Kostenrisiko einfach zu hoch ist...
Och, dann gibt es eben eine SCHUFA für Netznutzung, wo aus der
Wohngegend über das Nutzungsverhalten orakelt wird. Ein Minimum an
Aufzeichnung zur Kapazitätsplanung ist erlaubt, und zusammen mit der
Größe wird das schon ausreichen, um das Risiko zu begrenzen.
Jaja, ich weiß, es gibt ein Scoring-Verbot im BDSG, aber das spielt in
der Praxis leider keine Rolle.
> Man schaue sich gerade die massenhaften Anzeigen gegen Unbekannt
> an, die bei der Staatsanwaltschaft KA reingehen. Die Urheberrechtsindustrie
> ist doch da eher das Problem -- wenn man jetzt dem Staat
> sein Instrument aus der Hand schlaegt, mit dem er *wichtige*
> Dinge verfolgen kann, dann wird er sich eher auf die Seiten
> dieser Industrie schlagen als zu sagen: "Stimmt, Du hast Recht,
> das wollen wir nicht".
Ein privatrechtlicher Auskunftsanspruch kann zu einem weiteren
Ansteigen der Bandbreite führen, falls die Nutzer tatsächlich auf
Anonymisierungsdienste umsteigen. (Anständige Anonymisierung benötigt
nach derzeitigem Kenntnisstand die Mehrfachübertragung von Daten.)
Wenn er eine abschreckende Wirkung entfaltet, sinkt das
Übertragungsvolumen u.U. deutlich.
Mir ist sowieso nicht ganz klar, wo die ISPs in diesem Zusammenhang
stehen. Aus dem Hochschulumfeld kenne ich die mehrdeutige Einstellung
zur privaten Nutzung von Filesharing, in Verbindung mit, sagen wir
mal, sportlichem Umgang mit Urheberrechten. Aber ich habe keine
Ahnung, ob die ISPs im Massengeschäft mit Privatkunden eher ein
Interesse daran haben, den P2P-Traffic aus den Netzen zu bekommen,
oder mehr derartigen Verkehr wollen (sofern er in eine bestimmte
Richtung fließt usw.).
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