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Re: Das Stuttgarter Linkurteil: Eine Verschwörung dummer Juristen?



Am Dienstag, 12. Oktober 2004 17:52 schrieb Oliver Gassner:

> >
> >Waren wir nicht schon mal per Du? ,-) Ich moechte hier keine
>
> Auch recht ;) Ich IRC.Kanal von Alvar hab ich jedefalls für den
> Artikel kein Hausverbot gekriegt. ;)

Das waere ja noch schoener. Ich glaube nicht, dass Alvar von Dir 
Hofberichterstattung erwartet.

>
> >Ein Zuschauer meinte, sie sei ueberfordert gewesen und haette dies zu
> >ueberspielen versucht. Ich habe von verschiedenen Leuten die da waren,
> >sehr unterschiedliche Meinungen gehoert. Der Eindruck, Sie sei gut
> >vorbereitet gewesen und haette ueber eine gewisse Netzkompetenz
> >verfuegt, hat sich mir jedenfalls nicht aufgedraengt. Ich sehe auch
> >nicht, welche Umstaende fuer diese Annahme sprechen.
>
> Sie war relativ und ploetzlich aggressiv als man ihr sagte die
> beanstandeten Server seien nicht Alvars Server ;)

Na ja, ob das allein schon fuer eine ueberdurchschnitliche Medienkompetenz 
spricht?

>
> >beginnen, wie staastbuergerlcihe Aufklaerung, Berichterstattung und
> >Kunst im juristischen Sinne zu definieren ist, weil sonst ja unklar
> >bleibt, welche Kriterien massgeblich sind. Wenn ich das mache dann
> >bekomme ich - wie ja auch geschehen - zu hoeren, dass ich mir meine
> >Rechtsausfuehrungen fuers Plaedoyer aufheben soll.
>
> Wie soll man ohne solche Definitionen abzuklappern das durchgehen?
> Ggf. hättest Du alvar schon ausquentshen könne: warum er denkt dass es
> ne Doku ist bzw. ne Satire.

Das Problem ist aber, dass ich vor dem Plaedoyer an sich keine 
Rechtsausfuehrungen machen darf und das Gericht auch versucht hat, das zu 
unterbinden. Das bedetet, dass Alvar das vortragen muss oder ich es in Fragen 
kleiden muesste, die ich Alvar stelle. 

Es ist sicherlich notwendig, in der naechsten Instanz die Aspekte 
Berichterstattung, staatsbuergerliche Aufklaerung und Satire noch etwas 
staerker zu akzentuieren. Deswegen bin ich ja auch fuer solche 
Berichterstattung wie der Deinen dankbar, weil sie schon zum Nachdenken 
darueber anregt, wo man noch draufpacken muss und was man vielleicht besser 
sein laesst. 

Das aendert aber nichts daran, dass sich das Gericht mit meinem rechtlichen 
Vortrag ohnehin nicht auseinandergesetzt hat. Ich halte es daher nicht fuer 
besonders stimmig zu glauben, das Gericht haette anders reagiert, wenn man 
noch mehr rechtliche (Detail-)Aspekte thematisiert haette. IMHO war das, was 
wir gebracht haben, dem Gericht eh schon viel zu viel.

>
> >> Dass 'Kunst' ein Rechtsbegriff ist, ist mir allerdings neu.
> >
> >Wenn er im Gesetz steht, dann ist er auch ein Rechtsbegriff. Ich sagte
> >nicht, dass es sich ausschliesslich um einen Rechtsbegriff handelt.
>
> Also könnte auch ein Kunstexperte was dazu beitragen ;)

Aber allenfalls als Sachverstaendiger und nicht als Zeuge.,-)


> >
> >Nein. Ein zulaessiger Beweisantrag setzt voraus, dass eine konkrete
> >Beweistatsache benannt wird. Eindruecke von Zeugen sind keine
> >Tatsachen.
>
> Aber Eindrücke von riczhrern über Satire sind es? Auau ;)

Genau so ist es, aber nur wenn man den juristischen Satirebegriff - der schon 
etwas aelter ist und auf das Reichsgericht der Weimarer Republik zurueckgeht 
- nicht kennt. ,-) Andernfalls huetet man sich als Richter vor einer 
inahltlichen Beurteilung. 

Der Satirebegriff des RG:
"Es ist der Satire wesenseigen, daß sie mehr oder weniger stark übertreibt, 
d.h. dem Gedanken, den sie ausdrücken will, einen scheinbaren Inhalt gibt, 
der über den wirklich gemeinten hinausgeht, jedoch in einer Weise, daß der 
des Wesens der Satire kundige Leser oder Beschauer den geäußerten Inhalt auf 
den tatsächlich gemeinten zurückzuführen vermag, also erkennt, daß 
tatsächlich nicht mehr als dieser geringere Inhalt gemeint ist."

Der Richter muss also zunaechst den scheinbaren (vordergruendigen) Inhalt und 
den tatsaechlich gemeinten Inhalt trennen und sich fragen, ob der kundige 
Leser von der vordergruendigen auf die eigentliche Aussage schliessen kann.

Das kannst Du jetzt mal mit FreedomFone ausprobieren und wirst merken, dass es 
funktioniert. ,-) 

Das tatsaechliche Problem in einer Strafverhandlung ist aber, dass ich dort 
schwerlich die Grundlagen des juristischen Kunst- und Satirebegriffs dozieren 
kann. Wenn jemand ueber Satire richten will, dann muss ich unterstellen, dass 
er seine Hausaufgaben gemacht hat, sonst ist es immer schwierig. 

> >
> >Das mag zwar stimmungstechnisch interessant sein, ist aber fuer die
> >juristische Bewertung irrelevant.
>
> Man kann ja nur gegen jemand hetzen, der sich durch eine h´Handlung
> auch gehetzt fühlt. Ob es wehgetan hat, fragt man ja immer das Opfer,
> nicht den Richter.

Ob sich jemand verhetzt fuehlt bzw. verhetzt wird, ist irrelevant. 
Volksverhetzung ist ein sog. abstraktes Gefaehrdungsdelikt.

Zum Schluss doch noch ein paar klare Worte zu Deinem TP-Artikel, der 
subjektive Eindruecke mit einer juristischen Hausgebrauchslogik kombiniert, 
die teilweise einfach unstimmig ist. Das kommt mir vor wie Fuzzy-Logik meets 
Bauchgefuehl. Ich halte das weder fuer fundiert, noch fuer sonderlich 
ausgewogen. 

Gruesse

Thomas 


-- 
Thomas Stadler
http://www.internet-law.de
_____________
Rechtsanwaelte Alavi Froesner Stadler
Jahnstr. 11, 85356 Freising
http://www.afs-rechtsanwaelte.de

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