Am Tuesday 21 September 2004 21:51 verlautbarte Axel H Horns : > On 21 Sep 2004, at 10:39, Rigo Wenning wrote: > > ABER: > > > > 1/ Die Patentämter sind viel zu überlastet um wirklich zu prüfen > > Dagegen koennte man ja theoretisch was tun - z.B. mehr Pruefer > einstellen. Was ja in gewissem Umfang immerhin auch geschieht. Ich meine aber, bei der Flut der Anträge, wie wir sie etwa beim USPTO nach Freigabe von reinen Softwarepatenten (ohne Maschinenkomponente) gesehen haben, ist es illusorisch zu glauben, man bekäme genügend Administration zusammen, um dem Herr zu werden. Das Problem liegt in der durch die bestehenden Prozeduren entstandenen Dynamik. Die Anmeldung wird zur reinen Geldfrage und die entstandene Position führt zu einer Überprivilegierung im Konflikt mit solchen, die prior art haben und es nicht angemeldet haben. > > > 2/ Ein Beamter wird nach Erledigungen beurteilt. Eine Ablehnung > > macht aber 100mal mehr Aufwand als eine Erteilung, also hat der > > Beamte alles Interesse jeden Dreck durchzuwinken. > > Das ist richtig. Ich meine, das in vielen Patentaemtern praktizierte > Punktesystem, das mechanisch an die "Erledigung" einer Akte gekoppelt > ist, muesste modifiziert werden. Leider ist beim EPA die Chance, eine > weisungsunabhaengige interne Revisionsabteilung zu schaffen, durch > das Scheitern des EU-Gemeinschaftspatentes zunaechst verschuettet > worden: Die Revisionsabteilung hilft hier nicht, denn in der Masse der Dinge geht auch die Revisionsabteilung unter. Es sei denn, man bezahlt die Beamten dort so, dass jedes annulierte Patent einen Bonus von 10 Euro ergibt. Die haben doch gar kein Interesse, ihre Kollegen in die Pfanne zu hauen. Ausserdem würde ein annuliertes Patent den Patentanwalt in die Bredouille bringen, denn ein Mandant könnte geneigt sein, Regress zu nehmen. Eine Betonung der Qualität bringt uns auch in der politischen Diskussion nicht weiter. Denn Hauptargument derer, die alles auf machen wollen (Patente für jeden Dreck), ist die Praxis und der Schutz in den USA. Eine deutsches Unternehmen kann seinen Markt in den USA verlieren, weil dort ein ungeprüftes breites trivialpatent vergeben wurde. Also zahlen wir jetzt mit gleicher Münze heim. Allerdings wissen alle hier, dass der Schuss nach hinten losgeht, weil die meisten software/trivialpatente von US-Multis kommen und die europäische Industrie ihre software/trivialpatente in den USA anmeldet. Dazu habe ich bisher nicht genügend Diskussion gesehen, auch nicht von Seiten des FFII. > > > 3/ Software (Algorithmen) entwickelt sich so schnell, daß man den > > Ich weiss nicht, ob sich die IT tatsaechlich sooo schnell > weiterentwickelt, wie das immer behauptet wird. Einige Patentablaufs- > Sektkorkenknallparties wie etwa anlaesslich des Ablaufes > > - des RSA-Patentes oder > > - des LZW-Kompressions-Patentes Das idea-Patent. All das waren Patente auf Algorithmen, die es in EU eigentlich gar nicht geben dürfte. Diese haben teilweise die Einführung von elektronischen Signaturen wirksam verhindert. Denk' nur 'mal für einen Moment darüber nach, was passiert wäre, wenn auf Email oder das Web ein solches Patent bestanden hätte. Genau, toter geht nicht! LZW ist besonders böse, weil sie erst dann angefangen haben ihr Patent durchzusetzen, als LZW sehr weit verbreitet war. Das ist eine legalisierte Falle für die Allgemeinheit. Denn man benutzt etwas und dann kommt jemand und will Schadensersatz. Mich würde interessieren, wie die Firmen reagieren würden, wenn wir das in der Steuer genauso machen würden. Der Staat kommt heute zu Dir und sagt: Wir hatten für 1998 eine Email-Steuer für Patentanwälte, die Du allerdings übersehen hast. Da Du viel Email benutzt hast, wollen sie jetzt 100k Euro Nachzahlung. Hättest Du es gewusst, hättest Du Fax benutzt. Das ist eine richtig bösartige Falle. > > lassen den Umkehrschluss zu, dass es auch IT-Erfindungen gibt, die > nach 20 Jahren wenig von ihrer Bedeutung verloren haben. All das waren ziemlich gute Algorithmen, aber die IDEA-Maschine, die im Patent beschrieben war, war ein Witz! > > > Das System ist also in einer tiefen Krise und führt zu den > > bekannten Verwerfungen. Jetzt zu sagen: "Wir sind noch nicht tief > > genug in der Wand drin, wir brauchen mehr Patente" ist wirklich ein > > origineller Lösungsansatz ;) > > Ich vermute mal, es geht eher um die Schaffung von Maerkten fuer von > der Produktion entkoppeltes Koennen. Das ist eine sehr schöne Form auszudrücken, dass Claims gesteckt werden und die Befürworter und Mitspieler in diesem Spiel alle auf die Schlossallee hoffen. Die Rückwirkungen auf die entkoppelte Produktion sind so, dass man nicht mehr von Entkoppelung sprechen kann. > > Es gibt ja in DE und einigen anderen Laendern eine Parallelitaet von > geprueftem "grossem" Patent und ungeprueftem "kleinem" Patent (sprich > "Gebrauchsmuster"). Trotz der enormen Kostenersparnis durch den > Verzicht auf die Sachpruefung laufen die Gebrauchsmuster keinesfalls > den Patenten den Rang ab, und das liegt m.E. bei weitem nicht nur an > der kuerzeren Laufzeit und der Tatsache, dass man in DE keine > Verfahrenserfindungen zum Gebrauchsmuster anmelden kann. Die > Industrie bevorzugt gepruefte und bewertete Schutzrechte, auch wenn > alle Beteiligten wissen, dass die Aemter alles andere als perfekt > sind. Hier kommst Du mir auf die Spur ;) Danke für die Argumente. Was ist der entscheidende Unterschied zwischen Patent und Gebrauchsmuster? > > summarized and published. Three-quarters of the contributors state > their opposition to a Community utility model. The reasons are many > and varied, including the risk of restricting competition and > adversely affecting the competitiveness of European companies, less > legal certainty, unsatisfactory criteria (level of inventiveness, > etc.). Hört sich an wie ein Abziehbild der FFII-Argumentation ;) > > > Du hattest ähnliche Ideen mit der Beschneidung der Rechte > > AUS dem Patent. > > Das kapiere ich jetzt in diesem Zusammenhang nicht. Ich gebe Dir Recht, dass es schwer bis unmöglich ist, Turing-compatible Dinge in technische (Dampfmaschine) und nicht-technische (Algos) Dinge zu trennen. Deine Idee mit dem Opensource war schon nicht schlecht. Aber ich denke, die Schraube hat noch ein paar Windungen mehr: Ich habe schon die Verwirkung erwähnt, wenn der Inhaber das Patent nicht durchsetzt. Wenn MS und IBM und alle ihre Patente durchsetzen müssen hört diese latente panoptische Bedrohung auf. Das macht die Dinge clean. Wenn es dann zur Katastrophe kommt, weil nix mehr geht, dann muss der Gesetzgeber eben einen Ausweg finden. Ein zweiter Ansatz ist Schadensersatz eben erst ab Kenntnis von der Patentverletzung. Es muss eine Benachrichtigung des Patentinhabers vorliegen. Es sollte verhindert werden, dass man lange genug wartet und dann horrende Summen haben will. Drittens sollte es ein simples Enteignungsverfahren geben, wenn das Patent in einen Standard übernommen wird und der Patentinhaber nicht widersprochen hat. Es sollte unmöglich sein, wie eolas, jahrelang zu warten und dann sagen: Ab morgen sind plugins nicht mehr erlaubt. > > > Das Pech des Patentsystem ist es, daß es immer zentralere Relevanz > > für Massenkommunikation hat, > > Wenn sich die Patentkritiker aus der IT-Szene sich darauf gestuerzt > haetten, Druck zu machen, dass das Patentpruefungsverfahren > verbessert und das System der Schrankenbestimmungen nachjustiert > wird, statt "Copyright only"-Fundamentalismen nachzulaufen, dann > waere sicher schon eine wesentliche Verbesserung der Lage erreicht > worden. Ich denke, gemessen an den anfänglichen Polemiken sind sie schon besser geworden. Die Situation ist auch emotional verfahren und es geht um viel Gulasch und die Hürden für den Markteintritt. Die grossen haben ziemlich viel Angst vor kleinen extrem innovativen Firmen, die mit dem Internet einen neuen extrem effektiven Vertriebskanal haben. Ich bin aber nicht Deiner Meinung, dass allein die Verbesserung der Prüfverfahren reicht. Man müsste die Patent-Beamten auch danach beurteilen, wieviele Verfahren sie abgelehnt haben ;). Aber das USA-Argument ist sicher noch eine weitere Diskussion wert (siehe oben) Gruss Rigo
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