Re: computerimplemetierte Erfindung vs. Software
On 21 Sep 2004, at 10:39, Rigo Wenning wrote:
> ABER:
>
> 1/ Die Patentämter sind viel zu überlastet um wirklich zu prüfen
Dagegen koennte man ja theoretisch was tun - z.B. mehr Pruefer
einstellen. Was ja in gewissem Umfang immerhin auch geschieht.
> 2/ Ein Beamter wird nach Erledigungen beurteilt. Eine Ablehnung macht
> aber 100mal mehr Aufwand als eine Erteilung, also hat der Beamte alles
> Interesse jeden Dreck durchzuwinken.
Das ist richtig. Ich meine, das in vielen Patentaemtern praktizierte
Punktesystem, das mechanisch an die "Erledigung" einer Akte gekoppelt
ist, muesste modifiziert werden. Leider ist beim EPA die Chance, eine
weisungsunabhaengige interne Revisionsabteilung zu schaffen, durch
das Scheitern des EU-Gemeinschaftspatentes zunaechst verschuettet
worden:
<http://www.ipjur.com/2003_11_01_archive.php3#106847819510593262>
Andere Modelle sind sicherlich auch denkbar.
Siehe zu dem Problem auch:
<http://www.ipjur.com/2004_07_01_archive.php3#109117875065491639>
<http://www.ipjur.com/2004_06_01_archive.php3#108671323327562824>
<http://www.patent.gov.uk/about/ippd/ipresearch/qualityofpatents.pdf>
> 3/ Software (Algorithmen) entwickelt sich so schnell, daß man den
> Stand der Technik nicht wirklich überblicken kann. (Und schon gar
> nicht die Patentämter)
Ich weiss nicht, ob sich die IT tatsaechlich sooo schnell
weiterentwickelt, wie das immer behauptet wird. Einige Patentablaufs-
Sektkorkenknallparties wie etwa anlaesslich des Ablaufes
- des RSA-Patentes oder
- des LZW-Kompressions-Patentes
lassen den Umkehrschluss zu, dass es auch IT-Erfindungen gibt, die
nach 20 Jahren wenig von ihrer Bedeutung verloren haben.
> Das System ist also in einer tiefen Krise und führt zu den bekannten
> Verwerfungen. Jetzt zu sagen: "Wir sind noch nicht tief genug in der
> Wand drin, wir brauchen mehr Patente" ist wirklich ein origineller
> Lösungsansatz ;)
Ich vermute mal, es geht eher um die Schaffung von Maerkten fuer von
der Produktion entkoppeltes Koennen.
> Ich denke, man sollte _alles_ überdenken. Viele Länder (Frankreich,
> Australien) haben ein rein deklaratives System, das keine Prüfung
> kennt. Da besteht aber auch nicht die Vermutung der Wirksamkeit eines
> Patents (Schadenersatz und Beweislast!), sondern es geht nur um die
> Priorität.
Es gibt ja in DE und einigen anderen Laendern eine Parallelitaet von
geprueftem "grossem" Patent und ungeprueftem "kleinem" Patent (sprich
"Gebrauchsmuster"). Trotz der enormen Kostenersparnis durch den
Verzicht auf die Sachpruefung laufen die Gebrauchsmuster keinesfalls
den Patenten den Rang ab, und das liegt m.E. bei weitem nicht nur an
der kuerzeren Laufzeit und der Tatsache, dass man in DE keine
Verfahrenserfindungen zum Gebrauchsmuster anmelden kann. Die
Industrie bevorzugt gepruefte und bewertete Schutzrechte, auch wenn
alle Beteiligten wissen, dass die Aemter alles andere als perfekt
sind.
Aus meinem Proto-Blog:
"On 26 July 2001, the Commission published a staff working paper
entitled "Consultations on the impact of the Community utility model
in order to update the Green Paper on the Protection of Utility
Models in the Single Market" (SEC(2001)1307). Now results have been
summarized and published. Three-quarters of the contributors state
their opposition to a Community utility model. The reasons are many
and varied, including the risk of restricting competition and
adversely affecting the competitiveness of European companies, less
legal certainty, unsatisfactory criteria (level of inventiveness,
etc.). Moreover, it is felt that the utility model would respond to a
need for local, or even national protection, but would not be
justified at Community level."
<http://europa.eu.int/comm/internal_market/en/indprop/model/utilrepor
t_en.pdf>
> Du hattest ähnliche Ideen mit der Beschneidung der Rechte
> AUS dem Patent.
Das kapiere ich jetzt in diesem Zusammenhang nicht.
> Das Pech des Patentsystem ist es, daß es immer zentralere Relevanz für
> Massenkommunikation hat, dort Freiheiten beschneidet ohne dies
> wirklich rechtfertigen zu können. Bisher hat aber keiner eine Idee,
> wie man es so zurückstutzt, daß es wieder gesellschaftlich sinnvoll
> ist.
Wenn sich die Patentkritiker aus der IT-Szene sich darauf gestuerzt
haetten, Druck zu machen, dass das Patentpruefungsverfahren
verbessert und das System der Schrankenbestimmungen nachjustiert
wird, statt "Copyright only"-Fundamentalismen nachzulaufen, dann
waere sicher schon eine wesentliche Verbesserung der Lage erreicht
worden.
> Daß einige noch mehr Patente wollen erinnert mich an die Strände hier:
> Da kommt einfach jemand und baut einen Zaun um den gestern noch
> öffentlichen Strand und dann soll man 10 Eur für den Zugang bezahlen.
> Der hat natürlich einen dicken Rausschmeisser, der das notfalls
> durchsetzt. Soll sich der Staat als Helfer für sowas hergeben? Eine
> interessante Frage.
Gruss,
Axel
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