Re: [FYI] SZ: Ein Staat mit tausend Augen
> >>>Deshalb ist es auch so schwer, die Bedeutung von Studien wie der vom
> >>>Economist berichteten richtig einzuschaetzen.
> >>
> >>Was Du (mir?) jetzt damit sagen willst, ist mir leider unklar.
> >
> > In dem hier von Thomas Riedel eingebrachten Economist-Artikel wurde
> > berichtet, durch Ueberwachung gewisser oeffentlicher Raeume seien gewisse
> > Verbrechensarten drastisch zurueckgegangen oder gar ausgestorben.
>
> Soweit ich sah ist Terry Smith der Autor eines Buches zu genau dem
> Thema. Und solange ich halt nicht genau die Studie gesehen habe, aus der
> das hervorgeht, mache ich nicht die Überwachung der öffentlichen Räume
> dafür verantwortlich.
> Studien kann man idR auch so auslegen, wie man es gerade braucht.
> Um ehrlich zu sein, geht das mit der Überwachung für mich gar nicht so
> recht aus dem kurzen Artikel hervor...
Die Erfahrung der Abnahme von Verbrechen in den ueberwachten Raeumen
erscheint ja nicht unplausibel und wird auch sonst vielfach berichtet.
> > Es kamen dann (nicht von dir) Argumente, die diese Erfahrungen unbedeutend
> > erscheinen lassen sollten. Die Verbrechen wurden nur verdraengt o.ae.
>
> Diese Erfahrungen sind auch nicht so unbegründet, wie sie vielleicht in
> den Raum geworfen wurden und imo im Prinzip auch recht einfach
> nachzuvollziehen. Vor allem aus England kommen diesbzgl. Studien, die im
> Grunde genau zu dem Ergebnis kommen.
Mit dem Verdraengungsargument wird die Wirksamkeit von Kameras implizit
anerkannt. Wenn man das Verdraengungsargument bringt, ohne zuvor die
Wirksamkeit der Kameras explizit anzuerkennen, wirkt das wie
argumentatorisches Versteckspiel und weckt wenig Vertrauen darin, dass das
Gegenueber an gemeinsamer Wahrheitsfindung interessiert ist.
> > Aehnliche Argumentationsmuster gab es auch bei diversen Debatten ueber die
> > Behandlung von Spam auf diesem Forum und anderswo. Die Debatten enden
> > regelmaessig mit dem Hochruesten des betreffenden Forums durch diverse
> > Massnahmen (z.B. Problemverdraenger SpamAssassin), die zuvor als unkorrekt
> > galten.
>
> Ich sehe hier nicht die Notwendigkeit Maßnahmen der Strafverfolgung,
> besser gesagt der Kriminalprävention, mit denen gegen Spam zu
> vergleichen. Wenn man davon ausgeht, dass die maßgebliche Folge der
> Überwachung öffentlicher Plätze die Verdrängung der Straftaten in
> nichtüberwachte Orte ist, dann könnte man bei dem Vergleich ja nichtmal
> davon sprechen, da der Spam ja deshalb nicht in andere Listen, die
> womöglich keine Spamfilter installiert haben, verdrängt wird.
Der Vergleich bezieht sich nicht auf das Abdraengen in andere Listen
sondern auf das Verdraengen bestimmter Strickmuster von Spam.
> > Genaue spieltheoretische Rechnungen ueber die richtige Balance habe ich
> > nicht gesehen (und auch nicht ernsthaft genug gesucht), aber
> > wahrscheinlich wuerden sie bei den Entscheidungen eine aehnlich geringe
> > Rolle spielen wie sie letztlich bei den Debatten um Spamschutz hier
> > spielten.
>
> Die Balance ist aber wohl mit das wichtigste. Weder wollen
> Datenschützer, dass keine Strafverfolgung möglich ist, noch glaube ich
> das Strafverfolger wollen, dass man den Datenschutz grundsätzlich
> aufgibt. Beides kann man aus dem Grundgesetz ableiten und beides hat
> wichtigen Stellenwert.
Beides sind heilige Kuehe, denen man Lippenbekenntnisse zollen muss, wenn
man seine Ziele durchsetzen will. Was diese Ziele sind, weiss der
Gespraechspartner deshalb nicht.
> Es kommt daher auf den Einzelfall drauf an wo man sagt, dass hier
> Strafverfolgungsinteressen schwerer wiegen, als die Interessen einiger
> Menschen auf Datenschutz und was sich daraus ableitet und ggfs.
> mitbetroffen ist. Das darf weder darauf hinauslaufen, dass jegliche TK
> präventiv abgehört werden darf oder grundsätzlich öffentliche Plätze
> überwacht werden, noch dass TK in keinem Fall abgehört werden darf oder
> das man grundsätzlich während einer Straftatverfolgung in den
> Datenschutz nicht eingreifen darf. In allen Fällen muss etwas bestimmten
> Grundsätzen, sei es Zweckbindung, Erforderlichkeit oder vor allem
> Verhältnismäßigkeit, genügen.
Abstrakt kann dem jeder Proponent "grundsaetzlicher Ueberwachung
oeffentlicher Raeume" zustimmen.
Er wird argumentieren, die Ueberwachung sei verhaeltnismaessig, laufe
streng kontrolliert mit wirksam begrenzten Missbrauchsmoeglichkeiten ab
und bringe enormen Nutzen, greife vielleicht sogar weniger in individuelle
Rechte ein als alternative aehnlich erfolgversprechende (und viel teurere)
Polizeimethoden.
Ob das stimmt, weiss ich nicht, aber unmoeglich scheint es nicht.
> Ich versuche die Positionen aller Beteiligten zu beachten, insbesondere
> gehe ich aber von meiner Vorstellung aus, wo Datenschutz/informationelle
> Selbstbestimmung eben *auch* Priorität hat.
Auch das wird wohl jeder Proponent von Ueberwachungskameras
unterschreiben.
--
Hartmut Pilch, FFII e.V. und Eurolinux-Allianz +49-89-18979927
290.000 Stimmen 2000 Firmen gegen Logikpatente http://noepatents.org/
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