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Re: BGH-Entscheidung: T-Online darf Verbindungsdaten nicht mehr speichern



> > Bekanntlich geraten Rechte haeufig zueinander in Konflikt, und dann
> > muessen Richter abwaegen, was Rechtsunsicherheit bedeutet.  
> > Weniger ist also manchmal mehr.
> 
> ???
> 
> Die Notwendigkeit, Rechte gerichtlich gegeneinander abwägen zu lassen,
> entsteht nicht aus einem "zu viel" an Rechten (so verstehe ich Dein
> "Weniger ist manchmal mehr"), sondern wenn überhaupt, dann daraus, dass
> die Grenzen und die Gewichtung der Rechte nur unzureichend definiert sind.

Etwa die "Meinungsfreiheit" wird inzwischen so intensiv gegen andere
Rechte abgewogen, dass davon im Endeffekt nicht mehr viel übrig bleibt,
was etwa ein Blogger als sein Recht wahrnehmen könnte.

> In Bezug auf informationelle Selbstbestimmung sind allerdings die
> meisten Grenzen durchaus klar formuliert (wenn auch nicht im GG). Die
> Grundsätze leiten sich aus § 3a BDSG ("Datenvermeidung und
> Datensparsamkeit") ab. Genaueres ist in vielen Einzelgesetzen geregelt.

Offenbar sind hier viele Einzelgesetze nötig.  Wenn es darum geht, über
bereits nach außen gegebene Informationen nachträglich "selbst zu bestimmen", 
braucht man sicherlich viele Einzelgesetze.  So etwa auch Urheberrecht,
Markenrecht und anderes viel mehr.  Aus dem angeblich übergeordneten
Recht alleine (nämlich "geistiges Eigentum") lässt sich nämlich gar
nichts zuverlässig ableiten.  Hoffen wir mal, dass es bei der
"informationellen Selbstbestimmung" klarer aussieht, aber ich kann
mir das auch da schwer vorstellen. 
 
> > NB bin ich auch der Meinung, dass sich die Freizuegigkeit tatsaechlich 
> > nicht aus Menschenrechten sondern aus Gesellschaftsvertraegen ergibt
> 
> Das Wort "Gesellschaftsverträge" halte ich für extrem irreführend. Ein
> Vertrag wird zwischen den betroffenen Parteien geschlossen. 

Das sind die Bürger eines Gemeinswesens, eines Staates.

> Im Zusammenhang mit grenzüberschreitender Freizügigkeit werden aber die
> Betroffenen überhaupt nicht gefragt.

Sie können durch zwischenstaatliche Vereinbarungen indirekt daran mitwirken.

> > Auch hier
> > tut ein dogmatisch aus postulierten Grundrechten Forderungen
> > ableitendes Denken der Freiheit nicht unbedingt gut.
 
> ???
 
> Es fördert also die Freiheit, wenn Menschen nicht selbst entscheiden
> dürfen, wo sie leben wollen? Das musst Du genauer erklären. - Vielleicht
> war "die Mauer" also doch nicht etwas Freiheitsbeschränkendes, sondern
> ein die Freiheit fördernder Schutzwall???

Es fördert die Freiheit, wenn die Bürger in der Lage sind, die Regeln
ihres Zusammenlebens über politische Willensbildung zu bestimmen.

Die Mauer wäre vielleicht legitim gewesen, wenn der Zusammenschluss namens
"DDR" ein Gemeinswesen freier Bürger gewesen wäre, die beschlossen hätten,
sich abkapseln zu wollen.

> > Auch wenn das "Grundrecht auf i.S." vom Volkszaehlungsurteil hergeleitet
> > und als Abwehrrecht gegen den Staat konstituiert wurde: im Effekt ist
> > es viel mehr als das.
> 
> Das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung wurde nicht nur als
> Abwehrrecht gegenüber dem Staat konstituiert, sondern eindeutig als
> Recht jeder/jedes Einzelnen gegenüber _Wem-auch-immer_.

Eben, aber das wird in der Werbung für dieses Recht nicht hervorgehoben.
Zur Werbung dient immer das Volkszählungsurteil.

Rechte von jedem gegen jedem richten derzeit im Internet ziemlich viel
Schaden an.

Über den Telemedien-Staatsvertrag, der derzeit wohl in der Schlussphase
der Beratungen zu sein scheint, droht möglicherweise auch das R.a.i.S.
sich in diese Streit stiftenden Rechte einzureihen.  Die Abmahnung
des Seitenbetreibers durch einen in seinem Recht auf i.S. verletzten
Abmahngrafen rückt in greifbare Nähe.  

Und man sage nicht, das liege nur an der Ausgestaltung der Prozeduren,
etwa ZPO.  Diese Diskussion hatten wir schon 2000 bei den Softwarepatenten,
als einige Fitugler meinten, man müsste bei den Swpat nur die ZPO-Prozeduren
ändern.  Diese Prozeduren sind aber nicht unbedingt falsch.  Sie erfüllen
in vielen Bereichen ihre Funktionen recht gut, und man kann sie nicht so 
einfach speziell für gewisse Bereiche abändern.  Wenn man das muss, dann
ist an den postulierten Rechten etwas faul.

> Eine scharfe Waffe kann ich darin nun wirklich nicht erkennen. Im
> Gegenteil! Die meisten Verstöße gegen das Grundrecht auf informationelle
> Selbstbestimmung sind nicht strafbewehrt, entsprechend rücksichtslos
> wird die informationelle Selbstbestimmung auch mit Füßen getreten.

Demnach müssen wir auch noch ein IPRED2 für "informationelle Selbstbestimmung"
befürchten.  
 
> Bei Apache-Logs wird es in den meisten Fällen (d. h. wenn die Logs nicht
> zu Ungunsten der Betroffenen missbraucht wurden) kaum möglich sein, zu
> beweisen, dass personenbezogene Daten illegal aufgezeichnet werden.

Dann hätten wir nur durch eher zufällige Umstände eine Abmahnwelle vermieden.
An der Substanz ändert das nichts.

Z.B. bei Vereinen oder Firmen gibt es durchaus eine Menge Leute, die bezeugen
können, dass da ein normaler Apache-Webserver läuft.
 
> Wenn bekannt und beweisbar wird, dass jemand illegal personenbezogene Daten
> protokolliert, dann wird das in der Regel deshalb bekannt/beweisbar, weil
> die Daten missbraucht wurden.

"Illegal" ist ja schon das normale Protokollieren.  Und bekannt wird das
etwa dadurch, dass der Server von einem Kollektiv betrieben wird.  Außerdem
kann man vermuten, dass so etwas stattfindet und vielleicht deshalb auch
die Beweislast umkehren.

Ich hätte also gerne ein paar weniger und dafür verlässliche Grundrechte, etwa
ein System, indem man wissen kann:

 - Was ich selbst schreibe gehört mir (s. Erklärung auf 
   http://www.wirtschaftliche-mehrheit.de/)
 - Ich kann schreiben was ich will, riskiere dabei nur meine
   Glaubwürdigkeit (oder zumindest riskiere ich keine kostspieligen
   Prozesse)
 - Vertraulichkeit ist im Sinne expliziter oder z.T. impliziter Vereinbarungen,
   nicht im Sinne von Grundrechten, zu wahren.  Wer meine Webseiten sehen
   will, akzeptiert damit implizit, dass ich seine IP kenne und
   vertraulich behandle (sofern er selbst keinen Grund zu öffentlichem Streit 
gibt).

-- 
Hartmut Pilch                           http://a2e.de/phm

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