Re: BVerfG beschraenkt digitale Forensik, sonst nichts neues
Am 6 Mar 2006, um 22:02 hat Florian Weimer geschrieben:
> >
> >> Die Schlussfolgerungen des BVerfG sind offenbar von der Vorstellung
> >> gepraegt, dass bereits beim Empfaenger zugestellte Briefe, die dieser
> >> in seinem Schrank aufbewahrt, nicht mehr dem Briefgeheimnis
> >> unterliegen. Diese Ueberlegung hat man dann 1:1 auf E-Mails
> >> etc.uebertragen.
> >
> > Richtigerweise, ja.
>
> Ich denke, daß schon durch die Möglichkeit zur zuverlässigen,
> wahlweisen Vernichtung der Korrespondenz ein deutlicher Unterschied
> besteht.
Das meine ich auch. Gerade wenn man wie das BVerfG ganz explizit
ausfuehrt, dass der spezielle Schutz des Fernmeldegeheimnisses darin
besteht, einen Ausgleich für den technisch bedingten Verlust an
Beherrschbarkeit der Privatssphaere zu schaffen, haette man sich die
Unterschiede zwischen Snail-Mail/Sprachtelefonie und Internet-
Kommunikation mal ganz genau zu Gemuete fuehren muessen.
Die Ueberlegung, dass man notfalls immer noch die Festplatte
physikalisch zerstoeren kann, halte ich fuer wenig hilfreich.
Das Zerreisen oder Verbrennen eines Briefes kann jeder Trottel
bewerkstelligen. Dadurch entsteht auch kein weiterreichender Schaden.
Bei der Sprachtelefonie findet erst gar keine Fixierung des Inhalts
statt. Demgegenueber ist eine Loeschung von E-Mails von einer
Festplatte und zwar so, dass sie nicht wiederhergestellt werden
koennen, mit Windows-Bordmitteln nicht zuverlaessig moeglich. Die
Technik bedingt also auch hier einen Verlust der Beherrschbarkeit und
Kontrolle durch den Einzelnen.
Dies muss zumindest zu der Ueberlegung Anlass geben ob dieser
gegenueber klassischen Komunikationsformen erhoehte Kontrollverlust
nicht doch eine Einbeziehung in den Schutzbereich von Art. 10 GG
gebietet. Diese Ueberlegung hat das BVerfG aber so gar nicht
angestellt, sondern im Ergebnis gesagt, dass die Kontrollmoeglichkeit
des Empfaengers erhalten bleibt, weil er ja notfalls die Festplatte
zertrampeln kann.
Den Vorschlag des Endgeraet nach jedem einzelnen Kommunikationsvorgang
zu zerstoeren, kann ich nicht wirklich ernst nehmen. Wenn das die
einzige sichere Beherrschungsmoeglichkeit des Empfaengers ist, dann
sollte er es vielleicht lieber mit einer Trommel versuchen.
Gruesse
Thomas
Thomas Stadler
ts@xxxxxxxx
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Rechtsanwaelte AFS
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