Re: [phm@xxxxxx: [ffii] Ratspraesidentschaft "beschliesst" Softwarepatent-Vereinbarung]
On 10 Mar 2005, at 10:40, Sven Türpe wrote:
> Softwarepatenten fehlen aber auch regelmäßig die Kriterien zur
> nachträg- lichen Prüfung, ob eine vorliegende Software ein bestimmtes
> Patent verletzt. Abstrakte Anspruchsmerkmale, eine
> High-Level-Beschreibung der Funktionsweise, führen zu übermäßig
> breiten Ansprüchen.
Funktionale Merkmale in Patentanspruechen (nicht nur bei Patenten auf
computer-implementierte Erfindungen) gehoeren zu den
Standardwerkzeugen des Patentwesens. Es gibt keine Ansprueche, in
denen Programmcode beschrieben waere. Es geht immer nur um
Funktionalitaeten. Ob die erteilten Patente hinsichtlich der damit
abgedeckten Funktionalitaeten vor dem Hintergrund des Standes der
Technik zu breit sind oder nicht, kann nur im Einzelfall beurteilt
werden - wenn das was nicht stimmt, kann das ein Hinweis auf Probleme
bei der Qualitaetssicherung in den Patentaemtern sein.
> Wenn ich Software abstrakt beschreibe, erkläre ich
> nur ihren Verwendungszweck und ansatzweise ihren Funktionsumfang.
> Ansatzweise deshalb, weil jede halbwegs sinnvolle Software eine Reihe
> von Funktionen beinhaltet, die sich nicht aus dem unmittelbaren
> Einsatzzweck ergeben. Beschreibe ich Software aber konkret, dann
> repliziere ich sie. Software beschreibt sich selbst am besten.
> Vielleicht kann ich diese Beschreibung in eine Liste von Merkmalen
> übersetzen, aber das wären dann Tausende, oder auch Millionen.
>
> Noch einmal anders formuliert: Ich könnte Patentansprüche auf Software
> einerseits anhand oberflächlicher Merkmale beschreiben. Dann erfassen
> die Ansprüche unvermeidlich Systeme, die sich in ihrer Arbeitsweise
> wesentlich unterscheiden und lediglich einen ähnlichen Funktionsumfang
> bieten. Mit einem Patent auf ein Dokumentenmanagementsystem treffe ich
> dann auch Wikis und Mailinglistenarchive.
Das haengt von der Breite, d.h. von der genauen Formulierung der
Patentansprueche ab. Wenn sich der Wortlaut des Patentanspruches auch
auf Wikis und DMS lesen laesst, dann stellen eben auch Handlungen im
Zusammenhang von Wikis und DMS eine Patentverletzung dar. Wenn der
Anspruch zu breit formuliert ist, hilft nur Einspruch,
Nichtigkeitsklage und (politischer) Druck aufs Patentamt, den Job von
vornherein besser zu machen.
Aber nochmal: Man patentiert nie ein konkretes DMS, an dem man els
Erfinder gerade arbeitet. Die Erfindung ist immer etwas abstrakteres,
von dem derzeitigen Programmiergegenstand abgeloestes, und man waere
dumm, dann, wenn man die Erfindung patentieren will, nicht auch den
im Verhaeltnis zum Stand der Technik breitestmoeglichen
Anspruchswortlaut zu waehlen.
> Ich könnte die Ansprüche andererseits an inneren Merkmalen festmachen.
Was sind "innere Merkmale" im Gegensatz zu etwa sowas wie "aeusseren
Merkmalen"?
> In diesem Fall ist die Prüfung auf Patentverletzung nicht mehr mit
> vernünftigem Aufwand möglich. Außerdem erfassen die Ansprüche wieder
> alles mögliche, diesmal beliebige Software, die ein bestimmtes
> Konstrukt oder Konzept benutzt, ganz gleich wofür. Mit einem Patent
> auf Markup- Sprachen treffe ich Web-Browser, Textverarbeitungen,
> interne Schnitt- stellen zwischen Systemkomponenten und so weiter.
Ja klar, wenn der Wortlaut des erteilten Patentanspruches das
abdeckt, sicher. Aber das ist kein Bug, sondern ein Feature des
Patentsystems.
Es wird ja keine "Software als solche" patentiert; wenn das so waere,
liesse sich der Schutzbereich ja vielleicht noch auf einen bestimmten
Web-Browser eingrenzen. Die in Wirklichkeit patentierte Erfindung ist
aber von jeder ihrer denkbaren einzelnen Verkoerperungsformen durch
einen eingeschobenen Abstraktions-Layer separiert.
--AHH
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