Re: [phm@xxxxxx: [ffii] Ratspraesidentschaft "beschliesst" Softwarepatent-Vereinbarung]
On 8 Mar 2005, at 20:32, Neko (Simone Demmel) wrote:
> Unsere Gesetze fangen an nur noch auf den zu hoeren, der am lautesten
> schreit und mit den groessten Scheinen wedelt. Das ist nicht im Sinne
> der Erfindung.
(Das Ganze erinnert mich etwas an Art. 12A GG: "Die Dauer des
Ersatzdienstes darf die Dauer des Wehrdienstes nicht übersteigen."
Trotzdem dauert der Zivildienst laenger als der Wehrdienst. Das
BVerfG hat dazu sinngemaess mal gesagt: "Tja, man muss eben noch die
Wehruebungen beim Bund dazurechnen". Pech gehabt fuer die Zivis - ich
habe damals uebrigens als Zivi auch laenger werkeln muessen als wenn
ich zum Bund gegangen waere. Trotz des vordergruendigen Wortlautes
des Art. 12A GG. Das ist eben der Unterschied zwischen "herrschender
Meinung", in Juristenbuechern auch "hM" abgekuerzt, und davon
abweichenden "Mindermeinungen".)
Zurueck zu den Patenten:
Es grenzt fuer mich an Wirklichkeitsverlust, wenn der FFII e.V. und
andere immer wieder gebetsmuehlenartig behaupten, Patente auf
computer-implementierte Erfindungen seien nach derzeitiger Rechtslage
illegal, in DE und Europa ueberhaupt nicht durchsetzbar, usw., usf.
Es steht nach Lage der Dinge ausser Zweifel, dass es Patente auf
computer-implementierte Erfindungen gibt, die sogar eine
Nichtigkeitsklage ueberstanden haben und die im Verletzungsprozess
gegen einen Verletzer erfolgreich durchgesetzt worden sind. Da die
Gerichtsakten in DE aber grundsaetzlich nichtoeffentlich sind und nur
die wenigsten Entscheidungen der Landgerichte und Oberlandesgerichte
(in anonymisierter Form) in der Fachpresse (verstreut)
veroeffentlicht werden, besteht wenig Transparenz, und ueber das, was
ich betreffend bestimmter Einzelfaelle beruflich weiss, darf ich aus
nachvollziehbaren Gruenden nicht reden.
Man tut insbesondere den Einzelkaempfern und KMUs in der IT-Szene
ueberhaupt keinen Gefallen, wenn man diesen Leuten erzaehlt, nach
gegenwaertiger Rechtslage koenne nichts passieren, SW-Patente seien
ja illegal, etc. pp. Mal ganz brutal ueberspitzt ausgedrueckt: Wenn
es hart auf hart kommt, steht auch nach jetziger Rechtslage beim
Patentverletzer die Polizei vor der Tuer, um dem Gerichtsvollzieher
zwangsweise den Zutritt zu den Geschaeftsraeumen zu ermoeglichen,
damit nach verlorenem Verletzungsprozess Einrichtungs- und
Ausruestungsgegenstaende gepfaendet werden koennen, falls die
faellige Summe nicht anderweitig gezahlt wird. "Business as usual"
also. Die beruhigenden Worte des FFII e.V. bezueglich der derzeitigen
Rechtslage wuerden in einem derartigen Falle die in Gestalt der
Polizei und des Gerichtsvollziehers aufmarschierende Staatsgewalt
nicht davon abhalten koennen, ihren Job zu machen.
Alles in allem gibt es dem Vernehmen nach in DE jaehrlich etwa 10
hoch 3 Patentverletzungsprozesse. Wohlgemerkt, insgesamt, nicht nur
IT-Sachen. Viele dieser Verfahren haben auslaendische Parteien als
Klaeger und/oder Beklagte. Somit ist das statistische Risiko fuer
einen DE-Unternehmer als Beklagter in einen Patentverletzungsprozess
verwickelt zu werden, eher ziemlich gering. Deshalb gibt es auch nur
wenige IT-Unternehmer aus der KMU-Szene, die selber schon mal
verklagt worden sind, und das ist vielleicht auch der Grund dafuer,
dass sich wohl das Geruecht halten kann, Patente auf computer-
implementierte Erfindungen waeren in DE nicht durchsetzbar.
Die EU will nicht Patente auf computer-implementierte Erfindungen
"einfuehren". Das braucht sie auch nicht, die sind naemlich schon
laengst da.
Der FFII e.V. etc. pp. wollen zumindest Patente auf computer-
implementierte Erfindungen, wahrscheinlich sogar auf computer-
implementierbare Erfindungen insgesamt, abschaffen.
Diejenigen, die den Status Quo veraendern wollen, sind die Anti-
Patent-Protestler, nicht die Kreise, die den EU-Richtlinienentwurf
stuetzen.
In der Anti-Patent-Propaganda von FFII e.V. etc. pp. wird das aus
Zweckmaessigkeitserwaegungen heraus gerne wahrheitswidrig andersherum
dargestellt.
--AHH
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