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Re: computerimplemetierte Erfindung vs. Software



On 24 Sep 2004, at 18:54, Rigo Wenning wrote:

> Aber Axel hat vielleicht einen Link der besser erklärt, was eine
> mittelbare Patentverletzung ist. Weil: Ganz verstanden habe ich das
> auch noch nicht..

Aeh ...

§ 10 PatG:

PatG § 10

(1) Das Patent hat ferner die Wirkung, daß es jedem Dritten verboten 
ist, ohne Zustimmung des Patentinhabers im Geltungsbereich dieses 
Gesetzes anderen als zur Benutzung der patentierten Erfindung 
berechtigten Personen Mittel, die sich auf ein wesentliches Element 
der Erfindung beziehen, zur Benutzung der Erfindung im 
Geltungsbereich dieses Gesetzes anzubieten oder zu liefern, wenn der 
Dritte weiß oder es auf Grund der Umstände offensichtlich ist, daß 
diese Mittel dazu geeignet und bestimmt sind, für die Benutzung der 
Erfindung verwendet zu werden.  

(2) Absatz 1 ist nicht anzuwenden, wenn es sich bei den Mitteln um 
allgemein im Handel erhältliche Erzeugnisse handelt, es sei denn, daß 
der Dritte den Belieferten bewußt veranlaßt, in einer nach § 9 Satz 2 
verbotenen Weise zu handeln.  

(3) [...]

Also: Normalerweise muss man _alle_ Merkmale _eines_ Patentanspruches 
(nicht: die aller Patentansprueche eines Patentes!) kumulativ (d.h. 
mit "AND" verknuepft) in einer Verletzungsform verwirklichen, damit 
eine Patentverletzung zustandekommt. Auf subjektive Momente im 
Bewusstsein des Verletzers kommt es dabei nicht an; es ist reine 
Erbsenzaehlerei: Wenn alle Merkmale eines Patentanspruches kumulativ 
verletzt sind, ist eine Patentverletzung gegeben, und damit basta.

Diese "klassische" Regelung hat in der Fruehzeit des Patentsystems zu 
gewissen Haerten fuer die Patentinhaber gefuehrt. Wenn ein Gegenstand 
(beispielsweise System aus Spezial-Schraube und Spezial-Dübel) leicht 
in zwei Teile zerlegbar war (Spezial-Schraube einerseits + Spezial-
Dübel andererseits), konnte man einfach Schraube und Duebel in 
getrennte Kartons packen und separat verkaufen. Die Patentverletzung 
kam erst dann zustande, wenn der Anwender beides zusammensetzt und am 
Anwendungsort montiert. Nun ist es aber so, dass viele Privatanwender 
zu Hause nicht-gewerblich duebeln, die ohnehin nicht vom Patentrecht 
erfasst werden (Schrankenbestimmung § 11 PatG ("Die Wirkung des 
Patents erstreckt sich nicht auf 1.  Handlungen, die im privaten 
Bereich zu nichtgewerblichen Zwecken vorgenommen werden; [...]"), und 
es ist auch kaum praktikabel, Tausende von Handwerkern zu verklagen, 
die nicht privat und gewerblich irgendwo auf Baustellen duebeln. 

Das fruehere Reichsgericht (Vorlaeufer des BGH) hat daher schon frueh 
angefangen, darueber nachzudenken, ob man nicht in solchen Faellen 
den Haendler wegen Patentverletzung drankriegen kann, denn er weiss 
ja, dass der Kunde mit dem Spezial-Duebel und der Spezial-Schraube 
was anfangen kann, wenn beide zusammengebracht werden. Irgendwann 
einmal hat das Richterrecht sowas wie eine "mittelbare 
Patentverletzung" angenommen, und 1968 (??) wurde diese Regelung vom 
Gesetzgeber aufgegriffen und explizit ins PatG uebernommen.

Mit dem Instrument der mittelbaren Patentverletzung kann man also 
viel mehr angreifen als mit der unmittelbaren Patentverletzung, denn 
bei der mittelbaren Patentverletzung muesen ja gerade nicht alle 
Merkmale eines Patentanspruches kumulativ erfuellt sein. Um dieses 
auszugleichen, gibt es zwei kompensierende Beschraenkungen, naemlich

a) "die sich auf ein wesentliches Element der Erfindung beziehen" 
(Wesentlichkeit) und

b) "wenn der Dritte weiß oder es auf Grund der Umstände 
offensichtlich ist, daß diese Mittel dazu [...] bestimmt sind, für 
die Benutzung der Erfindung verwendet zu werden" (Subjektive Widmung) 

Gruss,

Axel

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