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Re: computerimplemetierte Erfindung vs. Software



On Fri, Sep 24, 2004 at 04:24:11PM +0200, Axel H Horns wrote:

> Allein der Umstand, dass man den Rechengroessen beim MP3-Verfahren 
> physikalische Bedeutungen zuschreiben kann (am Anfang und am Ende 
> steht jeweils ein Wert, der einer elektrischen Spannung / Strom 
> entspricht, wobei dieser Wert wiederum einem Momentandruck eines 
> Schallfeldes entspricht), spricht gegen "reine Mathematik". Das ist 
> eher Physik mit ein bisschen Biologie (Physiologie), nicht 
> Mathematik.  

Komponisten arbeiten auch mit Rechengrößen (Noten), die
ziemlich direkt physikalische Eigenschaften eines
Schallfeldes beschreiben. Machen sie Physik?

Buchstaben sind auch Rechengrößen, denen man am Ende
eine physikalische Bedeutung zuschreiben kann: Sie
beschreiben die räumliche Verteilung des Reflexions-
verhaltens eines zweidimensionalen Trägermediums
bezüglich bestimmter elekromagnetischer Wellen (Licht).
Schriftsteller sind also auch teilweise Physiker?

Jede Information hat immer einen physikalischen Träger.
Daraus kann man nicht folgern, daß musikalische,
schriftstellerische oder mathematische Tätigkeiten
irgendwie Physik sind. 

Natürlich stecken in MP3 psychoakustische Erkentnisse.
Die tauchen aber in den Patenten gar nicht auf! Vielleicht
weil die Psychoakustik eher zur Medizin oder Psychologie
gehört?

[...]

> Angenommen (ich sage nicht, das das so sinnvoll ist, aber ich will 
> hier eine Art Gedankenexperiment machen) man wollte nur geGNUte 
> Software patentfrei stellen. Auf der "Tatbestandsseite" gelingt das 
> nur, wenn man radikal alle computerimplementierBAREN(!) Erfindungen 
> vom Patentschutz ausschliesst, denn es man kann der ERFINDUNG ja 
> nicht ansehen, ob sie spaeter mal proprietaer oder geGNUt 
> implementiert wird. Genau das will Stallmann (und in seinem Gefolge 
> auch der FFII e.V.), und diesen Leuten ist es egal, wenn davon auch 
> Industrien betroffen sind, die das Patentsystem fuer ihre computer-
> implementierbaren Erfindungen weiter benutzen wollen (zum Beispiel 
> Autoindustrie, Fahstuhlbauer, Handy-Hersteller etc.pp.). Was da dann 
> ablaufen wuerde, wenn man die Patentierbarkeit fuer deren Erfindungen 
> wegnehmen wuerde, laeuft unter "Kollateralschaden".

Ich verstehe Deine Sorgen. Aber wenn man das so regelt, wie ich
das beschrieben habe, dann genießt eben eine Aufzugssteuerung
mit geGNUter Software drin durchaus Patentschutz, solange das
Patent sich auf einen physikalischen Aspekt der Motorsteuerung
bezieht und nicht z.B. auf eine Rechenmethode.

Fahrstuhlbauer haben also nichts zu befürchten. Gleichzeitig
kann kein Programmierer (es geht nicht nur um GNU), solange
er keine Maschinensteuerung macht, durch seine normale
Tätigkeit je ein Patent verletzen.

Das funktioniert natürlich nur, wenn man eine Rechenmethode
nicht allein deswegen von einer mathematichen zu einer
physikalicher Idee umdeklariert, nur weil die verarbeiteten
Daten eine physikalische Interpretation haben.

Ich weiß nicht, was Stallmann oder Hartmut wollen, aber
Hartmut hat eigentlich immer genau so argumentiert wie ich.
Er redet dann vom Einsatz von Naturkräften statt von Physik.
Und auch der EU-Parlaments-Vorschlag scheint das umzusetzen,
was ich beschrieben habe.

> Auf der Rechtsfolgenseite - wiederum hier nur als Gedankenexperiment -
>  koennte man aber beispielsweise ohne prinzipielle Probleme eine 
> Schrankenbestimmung formulieren, die sehr praezise nur geGNUte 
> Software aus der Wirkung eines Patentes auf eine 
> computerimplementierte Erfindung herausnimmt, denn in jedem einzelnen 
> Verletzungsfall hat man eine ganz konkrete Verletzungsform vorliegen, 
> die man daraufhin untersuchen koennte, ob es sich um geGNUte Software 
> handelt oder nicht.    

Ja. Aber dann hast Du all die bekannten Probleme:

- Du mußt zwischen Hardware und Software unterscheiden. 
- Du mußt zwischen Software und anderen Äußerungsformen unterscheiden.
- Du mußt zwischen verschieden Softwarelizenz-Modellen unterscheiden.
- ...


Gruß,
Martin



-- 
One night, when little Giana from Milano was fast asleep, she had a strange
dream.

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