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Re: Re: Lässt sich das patentieren?



On 20 Sep 2003, at 21:50, Peter Ross wrote:

> On Sat, 20 Sep 2003, Axel H Horns wrote:
> 
> > Natuerlich kann man diskutieren, ob das Patentwesen irgendeinen
> > "Gerechtigkeitsgdanken" wiederspiegelt. Ich sage ja nicht, das es
> > dabei Diskussionsverbote gibt.
> 
> Wohl doch, siehe folgendes:
> 
> > Aber dann sind wir ganz schnell
> > ausserhalb der Kritik gesetzgeberischen Details des Patentwesens,
> > sondern bei der Kritik / Reform / Transformation / Ueberwindung etc.
> > pp. der globalisierten marktwirtschaftlichen Wirtschaftsordnung im
> > Ganzen.

Natuerlich kann jemand die These aufstellen, das ganze Patentwesen 
sei nicht mehr als ein Schlagetot des globalisierten 
Turbokapitalismus und gehoere daher zusammen mit letzterem in die 
Tonne getreten.  

Was ich in diesem Zusammenhang kritisiert habe, ist dass besonders 
seitens des FFII massiv versucht wird, diese von mir grob umrissene 
Geisteshaltung mit dem Maentelchen des konstruktiven Reformers des 
Patentrechtes zu tarnen. Verkneife mir jetzt mal die Methaphorik vom 
Wolf im Schafspelz usw. usf.

> Auch die Befuerworter einer "globalisierten marktwirtschaftlichen
> Wirtschaftsordnung" draengen darauf, einzelne Projekte, wie z.B. die
> Gesetzesgebung zu Softwarepatenten, in ihrem Sinne zu regeln.

Nochmal: Patente auf computer-implementierte Erfindungen gibt es auch 
in Europa sei Jahren. Die ganze EU-RiLi ist in der von der Kommission 
eingebrachten Form ein zutiefst konservativer Ansatz, den "Status 
Quo" der Rechtsprechung des EPO zu kanonifiziren und fuer die gesamte 
EU auch im jeweiligen nationalen Recht verbindlich zu machen.  Die 
Kommission wollte nichts "neu einfuehren".
 
> Du scheinst mir ein Befuerworter der Globalisierung in diesem Sinne zu
> sein, und argumentierst auch vor diesem Hintergrund. 

Jedenfalls kann ich mit der Globalisierungskritik à la Attac nichts 
anfangen, und das habe ich auch frueher schon deutlich gesagt. 
Gleichzeitig ist mir auch klar, dass die derzeitige 
Weltwirtschaftsordnung nicht "die beste aller moeglichen Welten" 
darstellt. Es gibt derzeit fuer mich jedoch keine wegweisenden 
Utopien, die ueber den Status Quo hinausgehen. Jedenfalls haben sich 
fuer mich alle Modelle diskreditiert, die den Nationalstaat als 
universales Korrektiv postulieren - wenn das ueberhaupt jemals 
funktioniert hat (vielleicht gabs ja mal solche Situationen, kann 
sein), so funktioniert das jetzt nicht mehr.  

Aber was ich dazu im Einzelnen meine, ist an dieser Stelle auch gar 
nicht so wichtig. Was mich besonders auf die Palme bringt, ist die 
Unaufrichtigkeit, die durch den FFII in die Debatte eingebracht 
worden ist, aeusserst wirksam, bis hin in die F.A.Z.

> Das Deutschland
> verschnarcht ist, waehrenddessen in den USA ganz toll Erfindungen und
> Patente am laufenden Band produziert werden, und Du das gern auch in
> Dtl. haben moechtest, ist eine Position Deinerseits und nicht so
> sicher wie das Newtonsche Gravitationsgesetz (zumeist;-)

Also, es zeigt nicht gerade von unternehmerischer Wachheit, wenn in 
USA sowieso und in Europa seit etlichen Jahren Patente auf computer-
implementierte Erfindungen erteilt werden, und in der Vorstandsetage 
bzw. in der Geschaeftsfuehrung interessiert sich niemand dafuer und 
bekommt es auch nicht mit. Erst wenn Eurolinux auf die Strasse geht, 
bequemt man sich, lange vorher gelaufene Entwicklungen zur Kenntnis 
zu nehmen. Das ist keine Glanzleistung, unabhaengig davon, ob sich 
ein Unternehmen letztendlich dazu entschliesst, das Patentsystem 
aktiv zu nutzen oder sich auf die Seite seiner Gegner zu schlagen.

> Warum regst Du Dich auf, wenn andere halt andere Auffassungen
> haben und deshalb andere Vorstellungen von Softwarepatenten?

Darueber reg ich mich ja gar nicht auf. Wenn jemand sagt: 
"Scheisskapitalismus!" und "Hau weg das Turbokapitalismus-
Patentsystem!" , dann sag ich ja bloss: "Let's agree to differ."

Aber die Taeuschungstricks der Eurolinux-Koalition, mit denen man bis 
in das buergerlich-konservative Lager Sympathien fischen will, gehen 
mir auf die Nerven.

> Was ist an Datenformaten denn z.B. nun so tolles, dass man sie z.B.
> als patentierbar bezeichnen kann?

Was Patentansprueche auf "Software+Funktion" und "Datenformate" 
anbetrifft, habe ich selber Vorbehalte gegen gewisse Vorstellungen 
von Akteuren aus der Wirtschaft oder aus anderen Lobbygruppen. Das 
kann man, wenn man will, in veroeffentlichten Gutachen, 
Zeitschriftenartikeln und online-Texten nachlesen. Aber diese 
Differenzen verschwinden voellig gegenueber dem verkappten 
Frontalangriff gegen das Patentsystem, wie es derzeit von Eurolinux 
inszeniert wird.

> Entschuldigung, wenn Du anderen Nebelbomben vorwirfst, produziere
> nicht selbst welche. Wer gegen Deine Position ist, ist
> Globalisierungsgegner und daher nicht ernstzunehmen.

Ich nehme Globalisierungsgener durchaus ernst. Aber es nervt mich, 
wenn Leute aus taktischen Gruenden ihre Globalisierungskritik hinter 
Smokescreens aus legislativen pseudo-konstruktiven Reform-
Vorschlaegen zu verbergen trachten, wie besonders der FFII es derzeit 
betreibt.  

> Lass uns doch einen neuen Ausschuss fuer unamerikanische Taetigkeit
> gruenden, damit die Leute (frueher gab's den guten Sammelbegriff
> "Kommunisten" - heute wird man halt "Globalisierungsgegner") endlich
> zur Raison gebracht werden.
> 
> Auf keinen Fall haben solche Leute etwas in demokratischen
> Entscheidungsprozessen zu suchen. Die Amis sind da auch schon einen
> Tick weiter. One man - one vote? Forget it.

Ich sehe nicht, dass ich irgendeinen Anlass fuer eine derartike 
Polemik gegeben haette.

--AHH

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