Re: [FYI] BKA geht gegen Anonymitätsdienst vor
Florian Weimer <fw@xxxxxxxxxxxxx> writes:
>> Ich könnte mir vorstellen, daß die Folge des Falles "JAP" letztlich
>> sein könnte, daß festgestellt würde, daß die Herstellung
>> vorbehaltloser Anonymität durch einen solchen Proxy nach deutschem
>> Recht nicht rechtmäßig sei.
>
> Wie das? Warum sollte ein Gericht sich dazu äußern?
Kommt darauf an, was in dem Beschluß oder irgendwann einmal in einem
Urteil drinsteht. Darin könnte mit direktem Bezug auf JAP stehen: "So
geht es nicht." Das Ende der Anon-Server könnte aber auch eine "nur"
faktische Folge des ganzen sein.
Ich glaube nicht, daß JAP direkt verboten werden wird. Es wird aber
auf Dauer nur einen "JAP light" geben. Eine andere Frage ist dann, ob
dieser Grad an Anonymität den Betreibern von JAP noch ausreicht, um
den Dienst glaubwürdig weiterzuführen.
>> Es muß zumindest bei schweren Straftaten eine Möglichkeit der
>> Strafverfolgungsbehörden geben, sich in den Traffic einzuklinken.
>
> Die hast Du in vielen Netzen aufgrund von Skalierbarkeitsproblemen im
> Moemnt nicht, zumindest nicht in der Form der Überwachung eines
> entfernten Zieles, die vom JAP-Team verlangt wurde. Bei anderen ist
> die Topologie schwankend, so Du als Betreiber eines Knotens nicht
> garantieren kannst, daß gewisser Verkehr ständig bei Dir
> vorbeikommt.
Könnte man sagen, JAP sei zur Zeit sogar der "ideale", der beste
Ansatzpunkt für die Strafverfolgung, weil dort jedenfalls der Verkehr
zusammenläuft, um an einen bestimmten User *von JAP* ausgeliefert zu
werden? Das wäre paradox. Oder verstehe ich Dich jetzt falsch?
> Und was ist, wenn der Diensteanbieter die notwendige
> Entwicklungsarbeit für die (nur teilweise funktionierende)
> Abhörschnittstelle mangels Entwickler nicht im eigenen Haus
> durchführen kann und erst eine (eventuell europaweite) Ausschreibung
> für den Auftrag durchführen
Es gibt Grenzen der Verhältnismäßigkeit. Es gibt keine Rechtspflicht,
ganz Unmögliches zu leisten. Bisher hat man, auch wegen der
Gleichbehandlung, Protokollierpflichten und bestimmte technische
Einrichtungen immer als allgemeine Pflichten für alle Wettbewerber im
Markt eingeführt, z. B. bei der Verpflichtung, den Handyverkehr
abhörbar zu machen. Die Kosten dafür tragen die User.
> Letztlich ist es aber einer Frage der Zeit, bis Überwachung nach
> IP-Zieladressen per Mausklick möglich ist.
Die Überwachung muß an strenge gesetzliche Voraussetzungen geknüpft
und unter richterliche Kontrolle gestellt werden. Außerdem muß bei den
Wählern ein Bewußtsein für die Bedeutung dieser Umstände geschaffen
werden. Sonst kann der politische Prozeß nicht funktionieren. Ich
denke, daß das Volkszählungsurteil von 1983 heute schon nicht mehr
möglich wäre, weil der öffentliche Druck mittlerweile fehlt.
Jürgen.
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