Re: [Debate] Die Politik mit der Angst (IP-Logging)
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Hallo Werner,
- -- "W. Hülsmann - FIfF e.V." <werner@xxxxxxx> wrote:
>> Wenn die Entscheidung eines Amtsgerichts von Prozessbeteiligten
>> wider besseren Wissens vor der Presse zu einem "Grundsatzurteil"
>> hochgejazzt wird (vgl. http://www.daten-speicherung.de/?p=197),
>
> Dieses Urteil wurde vom Langericht bestätigt, eine Revision wurde
> nicht zugelassen.
ähm, Verzeihung, hast Du das Urteil gelesen?
Ich zitiere nochmal, was Olaf geschrieben hat:
"Wenn die Entscheidung eines Amtsgerichts von Prozessbeteiligten
wider besseren Wissens vor der Presse ziu einem 'Grundsatzurteil'
hochgejazzt wird, ist der Gedanke an eine politische Agenda
nunmal näher als eine Diskussion auf der Sachebene."
Dem kann ich mich nur vollkommen anschließen, und auch das Urteil des
Landgerichts ist kein Grundsatzurteil oder ähnliches. Denn
bekanntermaßen ging es beim LG nur darum, dass das BMJ *ohne* IP loggen
möchte, und hat gegen die Entscheidung des Amtsgerichts geklagt. Das
entschied, dass *gar nicht mehr* geloggt werden darf, es dürfen laut AG
noch nicht mal die 404-Fehler (ohne IP-Adresse) geloggt werden.
Das Urteil wurde vom LG eben *nicht* bestätigt, es wurde nur das
"bestätigt", zu was das beklagte BMJ sowieso schon zugestimmt hat.
Um aus dem AG-Urteil zu zitieren:
| Die Beklagte wird verurteilt, es künftig zu unterlassen, die
| nachfolgend aufgelisteten personenbezogenen Daten des Klägers, die im
| Zusammenhang mit der Nutzung des Internetportals
| „http://www.bmj.bund.de“; übertragen wurden, über das Ende des
| jeweiligen Nutzungsvorgangs hinaus zu speichern: Name der abgerufenen
| Datei bzw. Seite; Datum und Uhrzeit des Abrufs; übertragene
| Datenmenge; Meldung, ob der Abruf erfolgreich war sowie die
| Internetprotokolladresse (IP-Adresse) des zugreifenden Hostsystems.
Oder auf allgemein verständlich: das BMJ darf folgendes nicht loggen:
Name der Seite/Datei
Datum und Uhrzeit
Übertragene Datenmenge
Statuscode
IP-Adresse
Das hat das AG entschieden.
Hier sieht man schon, wie dumm, lächerlich, ja peinlich dieses Urteil
ist.
Der Kläger hat nur verlangt, dass die IP-Adresse nicht gespeichert
werden darf.
Das BMJ hat Berufung eingelegt und will alles außer die IP-Adresse
weiterhin speichern dürfen.
Der Kläger hat nichts dagegen.
Das Landgericht hat entsprechend entschieden: "Die von der Beklagten
begehrte Abänderung des erstinstanzlichen Urteils war wegen des
Anerkenntnisses des Klägers auszusprechen."
Oder genauer:
| Der Kläger hatte erstinstanzlich lediglich begehrt, der Beklagten die
| Speicherung „personenbezogener Daten“ zu untersagen. Aus seinen
| erstinstanzlichen Schriftsätzen ergibt sich auch, dass der Kläger
| Rückschlüsse aus den gespeicherten Informationen auf seine Person nur
| im Zusammenhang mit der Speicherung seiner IP-Adresse befürchtete,
| woraus folgt, dass er den Namen der abgerufenen Datei bzw. Seite, das
| Datum und die Uhrzeit des Abrufs, die übertragene Datenmenge und die
| Meldung, ob der Abruf erfolgreich war, für sich genommen ohne
| Speicherung seiner IP-Adresse nicht als „personenbezogene Daten“ im
| Sinne seines Klageantrages angesehen hatte.
Die Revision ist tatsächlich nicht zugelassen. Das LG sagt deutlich:
"Es handelt sich um eine Einzelfallentscheidung
in einer Sonderkonstellation."
Von einem Grundsatzurteil kann also in keinster Weise die Rede sein. Im
Gegenteil:
Wir haben ein offensichtliches (!) Fehlurteil des Amtsgerichtes. Denn das
Urteil des Amtsgerichtes geht weit über das hinaus, was der Kläger
verlangt hat, das Amtsgericht untersagt jegliches (!) Logging, also auch
die Protokollierung, welche Dateien überhaupt aufgerufen werden. Es
untersagt auch die Protokollierung, ob ein Zugriff erfolgreich war oder
ein Fehler (z.B. 404) aufgetreten ist. Das ist schlicht so lächerlich,
dass selbst der Kläger keine Einwände gegen eine entsprechende
Abänderung des Urteils hatte.
Das BMJ als Beklagte hat selbst zugestimmt, dass keine IP-Adressen mehr
protokolliert werden. Daher hat das LG darüber auch gar nicht mehr
entschieden.
Daher ist Olaf vollkommen zuzustimmen:
"Wenn die Entscheidung eines Amtsgerichts von Prozessbeteiligten
wider besseren Wissens vor der Presse ziu einem 'Grundsatzurteil'
hochgejazzt wird, ist der Gedanke an eine politische Agenda
nunmal näher als eine Diskussion auf der Sachebene."
Oder um es deutlicher zu sagen: Werner, wenn Ihr beim AK
Vorratsdatenspeicherung hier ein Grundsatzurteil draus macht, dann ist
das nichts weiter als eine dreiste Lüge und Verarschung.
Ciao
Alvar
- --
** Alvar C.H. Freude, http://alvar.a-blast.org/
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