[Debate] [ffii] Letzter Aufruf an Abgeordnete: Nein zur Mogelpackung
Gestern haben viele unserer Unterstützer sinnvolle Telefonate geführt, was
auch bemerkt worden ist.
Dennoch ist, wie auch Heise
Koalition hält an umstrittener Definition "Offener Standards" fest
http://www.heise.de/newsticker/meldung/92158
berichtet, ist die Entscheidung der Koalitionsfraktionen "gelaufen". Es gibt
dann nur noch in der Nacht zum Freitag um ca 03:00 in einem leeren
Bundestagsgebäude eine virtuelle Plenarabstimung mit "zu Protokoll gegebenen"
Geister-Redebeiträgen.
Im Moment hätten die Abgeordneten noch die Möglichkeit, den Arbeitsgruppen
ihrer Fraktionen, die sie wohl morgen gegen abend in das Programm der
virtuellen Nachtsitzung einplanen werden, ihre Nichtzustimmung zu bekunden.
Dafür können sie Sitzungen nutzen, die heute und morgen stattfinden.
Deshalb haben wir folgendes Schreiben an die Abgeordneten der
Regierungskoalition gesandt.
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Von: FFII Deutschland <de-help@xxxxxxxx>
Betreff: Nein zur Mogelpackung "Offene Dokumentenstandards"!
Sehr geehrtes Mitglied des Bundestages,
Morgen, Donnerstag abend soll in Ihrem Namen der Entschließungsantrag
Nr. 16/5601 mit dem Titel "Wettbewerb stärken, den Einsatz Offener
Dokumentenstandards und Dokumentaustauschformate fördern"[1] angenommen
werden.
Wir bitten Sie, mit Nein zu stimmen und auf eine erneute Aussprache
hinzuwirken.
Die allseits konsensfähige Zielrichtung des Antrags wird durch darin
verborgene Begriffsdefinitionen in ihr Gegenteil verkehrt. Die
Verhandlungsführer der CDU-Fraktion bestehen darauf, in Abweichung vom
branchenüblichen Sprachgebrauch und von einschlägigen EU-Definitionen[2] den
Begriff "Offener Standard" so umzudefinieren, dass damit patentierte Standards
gemeint sein können, die nur im Rahmen restriktiv lizenzierter
Softwareprodukte umgesetzt werden dürfen. Das ist genau so als wollte der
Bundestag eine neues Regelwerk der deutschen Rechtschreibung etablieren,
welches man nur gegen Bezahlung von 5 EUR pro verteilter Dokumentkopie oder
gegen einmalige Zahlung einer Ablösesumme von 50.000 EUR verwenden darf[3].
Besonders skandalös wird ein solches Vorgehen dadurch, dass hier der
Gesetzgeber beliebig restriktiv lizenzierten Kommunikationskonventionen das
politische Prädikat "Offener Standard" verleihen und ihren Einsatz im
staatlichen Bereich vorantreiben möchte.
Bei den Verhandlungen im Ausschuss haben die CDU-Vertreter dieses Ansinnen
durch Verweise auf ein angebliches Interesse Microsofts an restriktiveren
Dokumentenstandards gerechtfertigt. Dabei setzt in Wirklichkeit auch
Microsoft im Bereich der Dokumentformate auf echte offene Standards[4], die
unabhängig vom Lizenzierungsmodell der implementierenden Software in freier
ebenso wie proprietärer Software eingesetzt werden können.
Warum also bestehen die Wirtschaftsexperten der CDU auf einer kontroversen,
widersprüchlichen und durch keine nachvollziehbaren Sachinteressen motivierten
nationalen Umdefinition des Begriffs "Offene Standards"? Geht es vielleicht
darum, Vorlagen für laufende EU-Lobbyarbeit bestimmter Monopolisten zu
liefern? Welchen Sinn erfüllt eine Resolution des Bundestages zu einem
Anliegen, mit desen Förderung bereits eine Bundesbehörde[5] beauftragt worden
ist? Wussten Sie, dass gerade diese Behörde sich in Briefen an Abgeordnete in
unserem Sinne gegen die vorgeschlagene Umdefinition gewandt hat?
Könnten Sie den federführenden Abgeordneten diese Fragen stellen und darauf
drängen, dass Änderungen der Art übernommen werden, wie sie etwa die drei
Oppositionsfraktionen vorschlagen?
Wir beantworten ebenfalls jederzeit gerne Ihre Fragen.
Mit freundlichen Grüßen
--
Hartmut Pilch Tel 089-18979927
Vorsitzender FFII Deutschland http://www.ffii.de
P.S. Anbei finden Sie obiges Schreiben noch mal in PDF-Form zum Drucken.
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Anmerkungen
[1] http://dip.bundestag.de/btd/16/056/1605602.pdf Drucksache 16/5601
[2] http://europa.eu.int/idabc/en/document/3761
[3] so etwa bei Anwendung der Regeln für Daten-Entschlüsselung nach MP3 fällig,
s. http://www.mp3-licensing.com/royalty/software.html
[4] http://www.microsoft.com/presspass/features/2007/may07/05-16ANSI.mspx
[5] http://www.kbst.bund.de
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