On Fri, Dec 08, 2006 at 07:37:49PM +0100, PILCH Hartmut wrote: > > Die Idee mit dem implizit eingegangenen hypothetischen Gesellschaftsvertrag > > ist aus dem 18 Jahrhundert und schon wirklich lange out. > > Welche Form dieser Idee ist denn im Moment gerade in? Ich glaube, generell ist das Bedürfnis, die momentan herrschende staatliche Rechtsordnung unbedingt legitimieren zu müssen, seit dem Absolutismus eher geringer geworden. [...] > Formulierungen wie "konsensfähig", "intersubjektiv", "sozialer Frieden" etc > zeigen, dass heute mehr denn je Begründungen für Verhaltensnormen im > Gesellschaftsvertrag, nicht in universellen Menschenrechten gesucht werden. > Menschenrechte sind eher eine vereinfachte, mythologisierte Version der > Gesellschaftsvertragslehre. Vertragstheorien sind Rechtfertigungsversuche der Rechtsordnung in einem Nationalstaat. Das hat mit ihrer historischen Entwicklung zu tun, und wird anscheinend in den Vertragstheorien selber überhaupt nicht hinterfragt. Eine moderne Vertragstheorie wie Rawls "Theorie der Gerechtigkeit" würde, angwendet auf die Gemeinschaft aller Menschen, tatsächlich so etwas wie die Begründung für überstaatliche Menschenrechte liefern. > > Es erstaunt mich etwas, daß du diese Idee allen Ernstes als > > Legitimationsargument z.B. für die hierzulande übliche rassistische > > Abschiebepolitik verwendest. > > Rassistisch? "Der Rassismus ist die verallgemeinerte und verabsolutierte Wertung tatsächlicher oder fiktiver Unterschiede zum Nutzen des Anklägers und zum Schaden seines Opfers, mit der seine Privilegien oder seine Aggressionen gerechtfertigt werden sollen." -- Albert Memmi > Ich schrieb ja, dass hier eine Minderheit von ca 20% der Leute, viele von > ihnen mit gutem Zugang zur publizierten Meinung, mithilfe von Postulaten > universaler Rechte, die nicht einmal im Grundgesetz eine Stütze haben, und von > Stigmatisierung ("rassistisch", "faschistisch", "rechts" etc) die Freiheit > streitig machen wollen, die Regeln ihres Gemeinwesen selber zu setzen. Tatsächlich mache ich der Mehrheit durchaus das Recht streitig, andere Menschen abzuschieben. Davon abgesehen bin ich mir nicht sicher, was die meisten Mitglieder der Mehrheit tatsächlich entscheiden würden, wären sie über die Umstände und Folgen ausreichend informiert, und müßten persönlich Verantwortung dafür übernehmen. Was die Stigmatisierungen betrifft, glaube ich nicht, daß wir der in die andere Richtung zielende Propaganda z.B. der Bild-Zeitung viel entgegenzusetzen haben. > > > > Was heißt das für Kiddinan Thadchanamoorthy aus Sri Lanka, der seit > > > > [...] > > > > > Wo genau haben diese Menschen einen "Vertrag" abgeschlossen? > > > > > > Sri Lanka ist vermutlich eines der vielen Gebiete der Welt, wo die Leute > > > es > > > nicht geschafft haben, einen Gesellschaftsvertrag zu praktizieren, der > > > dort > > > erträgliche Lebensverhältnisse schafft. > > > > Dieser Satz ist weit unter Deinem Niveau. > > Es war eine von zwei Verbindungen zum "Gesellschaftsvertrag", die ich auf > Anfrage herstellte. Inwiefern hat jemand aus Sri Lanka einen anderen Vertrag abgeschlossen als Du? [...] > > Woher leitest Du denn Dein eigenes Bleiberecht ab? > > Aus dem Konsens der Bürger unseres Landes. Das setzt schon voraus, daß der Konsens der Bürger unseres Landes, irgendwelche größere Legitimität hat, als der Konsens irgendeiner anderen beliebigen Menge von Leuten. Im "Urzustand", auf denen sich die Vertragstheorien ja berufen, ist das kaum plausibel. > > Die Einteilung von Menschen in Leute, die hier sein dürfen, und > > Leute die das nicht dürfen, findet an Hand von eher willkürlichen > > Kriterien statt, um den hierzulande angehäuften Wohlstandskuchen > > nicht mit zu vielen anderen Menschen teilen zu müssen. > > Was nicht unbedingt ein anrüchiges Motiv ist. Es ist exakt das selbe Motiv (Egoismus) und die selbe Methode (Diskriminierung eines Teils der Menschen) wie zum Beispiel in Südafrika während der Apartheid. Der Unterschied kann also nur in der Legitimation liegen. Wo? > > Da stecken schlichtweg egoistische Motive dahinter, und kein > > angeblich implizit abgeschlossener hypothetischer Gesellschaftsvertrag > > kann das irgendwie legitimieren. > > Stecken hinter der Stigmatisierung nicht vielleicht auch egoistische Motive? > Im Namen der Allgemeinheit altruistisch zu sein, ist auch egoistisch. Deine Definition von Allgemeinheit ist die eines nationalen Kollektivs. Das kannst Du halten wie Du willst. Aber ich lege für mich schon Wert darauf, daß ich - wenn überhaupt - meinen hypothetischen Vertrag implizit mit allen Menschen abgeschlossen habe. Gruß, Martin -- One night, when little Giana from Milano was fast asleep, she had a strange dream.
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