60% der IT-Firmen: Existenz durch Swpat gefährdet
http://www.nosoftwarepatents.com/phpBB2/viewtopic.php?t=465
DREI VON FÜNF BEFRAGTEN IT-UNTERNEHMEN SEHEN
IHRE EXISTENZ DURCH SOFTWAREPATENTE GEFÄHRDET
München (17. März 2005). Letzte Woche beschloss der EU-Ministerrat mit der
Stimme Deutschlands einen Richtlinienvorschlag, der Softwarepatente in
Europa erlauben würde. Bevor im nächsten Schritt das Europaparlament über
Ablehnung oder Änderungen entscheidet, hat die Initiative
NoSoftwarePatents.com die Ergebnisse ihrer Teilauswertung einer Umfrage des
Bundeswirtschaftsministeriums veröffentlicht.
Demnach fürchten über 60% der befragten IT-Unternehmen, dass Softwarepatente
ihre Existenz gefährden würden. Nur 6,3% der Firmen sehen sich in der Lage,
Softwarepatente selbst zu recherchieren, und die meisten von diesen merkten
an, dass sie eine vollständige Überprüfung aller bestehenden Softwarepatente
niemals leisten könnten. Bei Rechtsstreitigkeiten träte der Insolvenzfall
oder die Geschäftsaufgabe entweder bereits bei einer Klageandrohung ein oder
spätestens im Rahmen eines Prozesses. Dadurch fühlen sie sich erpressbar,
äußerten zahlreiche Teilnehmer an der Umfrage. Einzelne Einsender nannten
sogar die Nummern der europäischen Patente, die sie als Bedrohung für ihren
Betrieb ausmachen konnten. 11% der befragten Unternehmen beschäftigen
mindestens 50, einzelne sogar mehr als 1.000 Mitarbeiter.
Die Auswertung befindet sich am Internet an folgender Adresse:
http://www.nosoftwarepatents.com/docs/050317bmwaumf.pdf
Von über der Hälfte der Einsender erhielt NoSoftwarePatents.com die
Genehmigung, ihren Namen und Hauptsitz zu veröffentlichen:
http://www.nosoftwarepatents.com/phpBB2/viewtopic.php?t=87
"Die Ergebnisse machen deutlich, dass Softwarepatente Gift für die
wirtschaftliche Entwicklung der mittelständischen IT-Wirtschaft sind",
kommentierte der CDU-Bundestagsabgeordnete und Experte der Unionsfraktion
für Geistiges Eigentum Dr. Günter Krings die Teilauswertung der Fragebögen.
"Nach dieser Auswertung eines Teils der Fragebögen lässt sich auch erahnen,
warum das Bundeswirtschaftsministerium als Auftraggeber eine
Veröffentlichung abgelehnt hat. Der Regierungslinie Pro Softwarepatente wird
die rote Karte gezeigt. So wollte man wohl unangenehmen Nachfragen elegant
aus dem Weg gehen."
Im Sommer letzten Jahres hatte die Bundesregierung Betriebe jeder Größe dazu
aufgerufen, einen zwölfseitigen Fragebogen zu Softwarepatenten auszufüllen.
Als 1.400 anstatt der erwarteten 100 Einsendungen eingingen und sich ein
Ergebnis abzeichnete, das der Haltung der Bundesregierung zu
Softwarepatenten widerspricht, wurde von der zugesagten Auswertung und ihrer
Veröffentlichung abgesehen. Daraufhin bat NoSoftwarePatents.com über
verschiedene Internetmedien um erneute Übersendung der Materialien zur
eigenen Auswertung, und erhielt über 330 Fragebögen (fast 25% der
ursprünglichen Gesamtmenge).
Für Florian Müller, Leiter der 17-sprachigen Kampagne NoSoftwarePatents.com,
ist die eigene Auswertung einer Teilmenge der Einsendungen "eine wichtige
Maßnahme, um deutsche Europaabgeordnete mit fundierten Informationen zur
Softwarepatent-Problematik beliefern zu können." Die Mehrzahl der Fragebögen
dürfe NoSoftwarePatents.com aufgrund schriftlicher Genehmigung auch an
Politiker weitergeben. Dies sei bereits geschehen und werde im Rahmen der
zweiten Lesung des Europaparlaments verstärkt erfolgen. "Während wir von
unserer Auswertung alles veröffentlichen, was wir nur dürfen, will die
Bundesregierung die Wahrheit vertuschen", merkte der erklärte
Softwarepatentgegner an. "Eine Auswertung aller Einsendungen durch die
Bundesregierung wäre uns auch lieber, aber das Ergebnis würde nicht
sonderlich von unseren Erkenntnissen abweichen."
Weiterführende Informationen über das Softwarepatent-Richtlinienverfahren
Am 7. März dieses Jahres beschloss der EU-Ministerrat seinen "gemeinsamen
Standpunkt" zu Softwarepatenten. Die Entscheidung kam nur zustande, indem
sich der dänische Wirtschaftsminister über eine exakte Weisung seines
Parlaments hinwegsetzte. Wesentlich umfangreicher als der Richtlinientext
selbst sind die zahlreichen unilateralen Erklärungen von Mitgliedsländern,
darunter auch von sechs, die ursprünglich zugestimmt hatten, aber sich
Änderungen wünschen.
Die Vorfälle rund um diese Richtlinien haben bereits dazu geführt, dass
Google bei der Suche nach dem Begriff "banana republic" zeitweise an zweiter
Stelle die Homepage des EU-Ministerrats liefert. Die Google-Suchmaschine hat
aufgrund zahlreicher Texte im Internet, die zwischen beiden Begriffen einen
Bezug herstellen, diese offenbar als Synonyme eingestuft.
Auch wenn in diesem hart umkämpften Verfahren selten Sicherheit besteht,
sieht es danach aus, dass das Europäische Parlament Mitte April seine zweite
Lesung beginnen und Anfang Juli abstimmen wird. Da der einhellige Wunsch des
Europaparlaments nach Neustart dieses Verfahrens durch die EU-Kommission
ohne weitere Begründung abgelehnt wurde, ist nun eine absolute Mehrheit der
Mitglieder des Parlaments erforderlich, um Änderungen oder eine komplette
Ablehnung zu beschließen. Nach Änderungen durch das Parlament geht der Ball
zurück an den EU-Rat und danach in ein mögliches Vermittlungsverfahren.
Über die Kampagne NoSoftwarePatents.com
Die Kampagne NoSoftwarePatents.com wurde am 20. Oktober gestartet und wird
von mehreren IT-Unternehmen (1&1, GMX, Schlund+Partner, Red Hat und MySQL
AB) unterstützt. Die von der Kampagne geäußerten Ansichten sind die des
Kampagnenleiters und nicht zwangsläufig diejenigen der vorgenannten
Unternehmen.
Durch Inhalte in derzeit 17 Sprachen wendet sich die Kampagne an ein
europaweites Publikum. Weitere Informationen über die Kampagne sind auf
ihrer Website verfügbar.
Kontaktdaten
Für weitere Informationen zu dieser Ankündigung oder der Kampagne
NoSoftwarePatents.com wenden Sie sich bitte an:
Florian Müller
Kampagnenleiter, NoSoftwarePatents.com
Tel. +49 (8151) 651850
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