<<< Date Index >>>     <<< Thread Index >>>

Re: [Debate] FYI: Zensur im Globalen Dorf - das Web und dieMeinungsfreiheit



* Rigo Wenning wrote:
> Wer hilft http://www.w3.org/2002/09/aa/admin für die debate zu
> implementieren?

Diese "Lösung" ist keine. Sie ist ein klassischer technischer Versuch, ein
gesellschaftliches Problem zu lösen und kann diesen Anspruch - wie immer -
nicht erfüllen. (Ich kann das beurteilen, ich baue auch solche "Lösungen")

Konkret handelt es sich bei dem "Archive approval system" um eine
Scriptsammlung für Admins. Die zu lösende Aufgabe besteht darin, dem
Mailinglisten-Teilnehmer das technische Handwerkszeug zu geben, bestimmte
Artikel schneller auf die Mailingliste und damit ins Archiv zu übergeben.

Dies löst kein rechtliches Problem:
 - Eine Unterscheidung zwischen Veröffentlichung auf der Mailingliste und
   Veröffentlichung im Archiv erfolgt nicht.
 - Der Mailinglisten-Teilnehmer stimmt der Archivierung nicht zu, sondern
   kann, nach Überwindung einer technischen Hürde, seine Mail der Mailingliste
   und damit dem Archiv zugänglich machen.
 - Die Archivierung erfolgt auch bei Nichtzustimmung des Teilnehmers und
   kann per administrativer Entscheidung jederzeit öffentlich werden.
 - Der Mailinglisten-Teilnehmer hat keine Möglichkeit, Zitate seiner Mails
   aus dem Archiv auszuschließlen.
 - Der Mailinglisten-Teilnehmer hat keine Möglichkeit, nachträglich seine
   Entscheidung über die Veröffentlichung zu revidieren.
 - Der Mailinglisten-Teilnehmer hat keine Möglichkeit, andere Archive der
   Mailingliste zu unterbinden.

Das System gestattet es einem Teilnehmer, direkt an die Mailingliste zu
schreiben, anstatt auf die Freigabe durch den Moderator zu warten. Einen
Bezug auf das Archiv hat das System nur indirekt durch Nichtteilnahme an
der Mailingliste. Das ist jedoch praktisch einfacher dadurch zu erreichen,
indem man schlicht die Mailinglistenemail absendet oder auch nicht.

Das rechtliche Problem ist die Fragestellung, ob ein Archiv einer
öffentlichen Mailingliste überhaupt geführt werden darf.

Wird diese Frage verneint, ist das Archiv gar nicht erst anzulegen.

Wird die Frage jedoch postiv beantwortet, d.h. es ist grundsätzlich möglich
ein Archiv einer öffentlichen Mailingliste anzulegen, dann stellt sich die
Folgefrage, inwieweit der Teilnehmer unmittelbar und nachträglich Einfluß
auf die Archivierung haben darf. Hier spielen das Urheber- und das
Persönlichkeitsrecht die maßgeblichen Rollen.

Die andere Frage ist, inwieweit eine Dokumentation der Zeitgeschichte
vorgenommen werden darf. Und dann stellt sich die Frage, das allgemeine
Persönlichkeitsrecht gegen die Authentizität einer Dokumentation abzuwägen.

Fitug hat diese Entscheidung getroffen:
  Die Mailingliste debate@xxxxxxxxxxxxxx wird archiviert im Sinne einer
  Dokumentation. Die Authentizität der Dokumentation steht in jedem Fall
  über dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht des Teilnehmers, weil jeder
  Teilnehmer vorab um das Archiv wußte oder es sehr leicht kennen konnte.

In diesem Sinne sind Anfragen nach Löschung unliebsamer Beiträge durch
Personen, die ihre Netzvergangenheit bereinigen wollen, bisher stets
abgelehnt worden. Ich sehe keinen Grund, diese Vorgehensweise zu ändern.

Trotzdem sehe ich Handlungsbedarf: Der Begrüßungstext nach Anmeldung und der
beschreibende Text auf der Webseite sollten durchgesehen werden, ob der
Hinweis auf das Archiv klar genug formuliert wurde.
_______________________________________________
Debate mailing list
Debate@xxxxxxxxxxxxxx
http://lists.fitug.de:8080/mailman/listinfo/debate