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Re: [Debate] FYI: Zensur im Globalen Dorf - das Web und die Meinungsfreiheit



Hi Lutz,

On Tue, 22 May 2007, Lutz Donnerhacke wrote:

> Als einer derjenigen, die zeitgleich von den Ereignissen betroffen und die
> zum Publizieren notwendige Infrastruktur miterrichtet habe, kann ich Dir
> sagen, daß dieser Publikationsdrang, der sich heute in Blogs ergießt
> schlicht nicht vorhanden war. Es gab eine Stimmung, die Ereignisse im
> kleinen Kreis aufzubereiten.

Ok. Das trifft sich mit meiner Erfahrung. Ich kenne keinen, der damals 
aktiv dokumentiert hat. Speziell vor dem "offenen" Umbruch (irgendwann 
spaeter Sommer 1989) war das - in oeffentlicher Form - auch nicht ganz 
ohne Risiko.

Noch auf dem Kirchentag Juni 1989 in Leipzig ist es mir passiert, dass mir 
jemand einen Informationszettel ueber das AKW bei Stendal in die Hand 
gedrueckt hat und sofort in ein vorbeifahrendes Polizeiauto gezerrt 
wurde.

Anyway, zurueck zur IT. Mir sind im Osten Mailboxen mit Modemeinwahl erst 
aus der Zeit nach dem Mauerfall bekannt (Selbst auf Telephone wartete man 
ja zehn Jahre, wenn man ohne Beziehungen war. Von meinen Freunden hatten 
nur wenige eins). Gab es sie schon eher?

Eigentlich muesste es noch 90/91 problematisch gewesen sein. Ich habe in 
dem Winterhalbjahr in Ostberlin gearbeitet. Telephonate nach Westen 
erforderten Geduld, zumeist waren alle Leitungen besetzt. Einfachste 
Loesung: von der Leipziger Strasse ueber die (inzwischen hier unsichtbare) 
Grenze, zur Telephonzelle beim Springer-Hochhaus..

Hast Du noch Archivmaterial (alte Platten, Backups etc)?

Dieses zu veroeffentlichen, als historische Dokumente, waere sicherlich 
interessant.

Ich weiss nicht, wie (neben persoenlichen Bedenken) die Rechtslage dazu 
aussieht...Zumal die Dokumente dieser Zeit viel eher noch privat waren. 
Man hatte, wie o.g., ja oft gar Angst davor, dass Nachrichten einen 
bestimmten Kreis verliessen. (Wobei im Hinterkopf immer ein Mitleser von 
der anderen Seite vermutet wurde..)

Ich weiss nicht, wie es Dir geht. Ich sitze mehr als 10 000 km entfernt, 
zumeist auch gedanklich. Gelegentlich kommt es mir noch hoch.. und ich 
moechte eigentlich nicht, dass meine Geschichte so verfremdet wird. Wenn 
Geschichte von den Siegern geschrieben wird, stehe ich klar auf der 
Verliererseite;-)

Gruss
Peter
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