Re: BGH-Entscheidung: T-Online darf Verbindungsdaten nicht mehr speichern
am 10.11.2006 9:13 Uhr schrieb PILCH Hartmut unter phm@xxxxxx
>> Wenn ich eine Webseite besuche, willige ich in der Regel _nicht_ ein,
>> dass meine IP-Adresse gespeichert wird.
>
> Implizit schon. HTTP-Kommunikation erfordert nun mal Übertragung der
> IP-Adresse, und dass die Gegenseite Informationen,die sie einmal hat,
> nicht wieder vergisst, ist anzunehmen, zumal die IP-Adressen für diverse
> Zwecke, angefangen von der Verteidigung gegen DOS-Attacken, gebraucht werden.
Es ist zwar richtig, das für die HTTP-Komunikation eine Speicherung der IP
Adresse von Nöten ist, aber auch nur dafür. Jede weitere Speicherung der
Daten dagegen ist für den angeforderten Datenverkehr nicht notwendig, dient
anderen Interessen und erfolgt ohne Einwilligung des Nutzers, bzw.
Seitenbesuchers. Die Aussage "
> ... und dass die Gegenseite Informationen, die sie einmal hat,
> nicht wieder vergisst, ist anzunehmen,
entspricht meines Erachtens aber nicht den Datenschutzbestimmungen, die
genau das untersagen, aber treffen genau den Punkt, in der es bei der
Speicherung von IP Daten und in dem Gerichtsprozess dazu geht. Mich
verwundert, wie du das so allgemein annehmen kannst. Mir fallen dazu
Begriffe ein wie Überwachungsstaat oder auch Missbrauch von Daten (wer kann
sie lesen und benutzen, sie rechtmäßig einsetzen oder jemanden schädigen
wollen). Vielleicht geht es auch um die Frage der grundlegenden Sichtweise:
Ist jeder ein potenzieller Krimineller, Täter oder aber ein freier Bürger.
Das der Überwachungsstaat leider wieder ein Thema ist, liegt nicht zuletzt
an den Anti Terror Maßnahmen, den Präventivmaßnahmen, deren Nutzen oft genug
sehr umstritten ist, und doch von manchen, längst nicht allen Politikern,
gern immer weiter ausgedehnt wird und wie ich unterstelle, nicht nur zur
Bekämpfung des Terrors sondern auch um mehr Kontrolle und Macht zu haben.
Das gespeicherte Daten immer wider missbraucht werden zeigt sehr schön die
CDU Emailbespitzelungsaffäre in Brandenburg.
Wenn alle Daten gespeichert werden, kann schon bald dein Nachbar sehen,
welche Wurst und Alkoholika du gerade im Supermarkt eingekauft hast, deine
Frau, wo du dich gerade mit dem Auto befindest... Beides kann praktisch sein
(dein Nachbar ist zum essen eingeladen und möchte den passenden Wein dazu
bringen ;-)) aber auch sehr unangenehm.
Ehrlich gesagt beneide ich die Gesetzesgläubigen, die glauben, dass die
Gesetze die es gibt auch gut sind und entsprechend angewandt werden. Auch
wenn unsere Bundesdeutsche Gesetze durchaus zu den besseren in der Welt
gehören, sind wir nicht vor Fehltritten geschont. Recht und Gerechtigkeit
können durchaus zwei unterschiedliche Dinge sein. Und in diesem Sinne kann
auch ziviler Ungehorsam nötig und letztendlich heilsam sein. Es gäbe so viel
dazu zu sagen... wie Gesetze wirtschaftlichen Interessen dienen können,
Machterhalt, gar Repression. Ganz zu schweigen von noch viel Grundlegenderen
Fragen. Da fällt mir das "Recht am Geistigen Eigentum" ein, Copyright, was
für manche Völker völlig unverständlich ist, wie mensch etwas Geistiges
besitzen kann, etwas was auch nur auf Inspiration von anderen beruht. Wird
das einmal nur in Frage gestellt, oder auch im historischen Kontext gesehen,
kann sehr viel in Frage gestellt werden. Aber ich schweife ab und will
darüber nicht unbedingt eine Diskussion anstoßen. Mir ist schon klar, das
viele der Gesetze ihren Grund und Berechtigung haben. Aber die Augen nicht
verschließen, warum manche Gesetze gemacht werden, sie zu hinterfragen, oder
zu bekämpfen, wie von einem unserer Liste getan, kann ein schmerzliches und
vielleicht zu spätes erwachen vorbeugen....
So denn, keep smiling and watching
am 10.11.2006 9:13 Uhr schrieb PILCH Hartmut unter phm@xxxxxx
>>> Wir haben ein Interesse daran, dass gewisse persönliche Daten öffentlich
>>> verfügbar und andere für die Polizei verfügbar sind.
>>
>> Da kann ich Dir nicht ganz folgen.
>>
>>
>> 1. zu den öffentlich verfügbaren Daten:
>>
>> Welches Interesse soll ich (bzw. sollen wir) haben, dass persönliche
>> Daten (auch ohne ausdrücklichen Wunsch der Betroffenen) öffentlich
>> verfügbar sind?
>
>> Persönliche Daten sind persönlich und gehören ohne ausdrücklichen Wunsch
>> der Betroffenen nicht an die Öffentlichkeit. Mir fällt gerade kein
>> einziges Gegenbeispiel ein. Vielleicht kannst Du diesen Punkt näher
>> erleutern?
>
> Wenn gewisse Daten vorhanden sind, sinken die Transaktionskosten für alle.
> Das ist wohl etwa der Sinn der Impressumspflicht. Es gibt aus diesem Grunde
> auch die (von Michael Plümpe, einem Opfer juristischer Verfolgungsjagden und
> anderer gemeingefährlicher Schikanen durch mafiöse Ringe, irgendwo über
> http://www.gegenjustizunrecht.de/ auffindbar, gut begründete Forderung), dass
> über whois wirklich jedermann finden können soll, wer wann welche
> Internet-Domain registriert hat. Ähnliche Bedürfnisse erfüllt die Schufa.
>
> Ich will hier nicht sagen, wie diese öffentlichen Interessen gegenüber dem
> Privatheitsinteresse zu gewichten sind.
>
>> 2. zu den polizeilich verfügbaren Daten:
>>
>> Gerade bei staatliche Stellen (Polizei, Sozialamt, Geheimdienste,
>> Ausländeramt ...) sollte m. E. sehr kritisch überlegt werden, welche
>> Daten für diese Stellen verfügbar sein dürfen. Hier kann es für Menschen
>> sehr schnell von extremem Nachteil sein, wenn die staatlichen Stellen zu
>> viel wissen. (Ich denke zum Beispiel an die circa 500.000 bis 1 Mio.
>> Menschen, die hier in der BRD ohne gültige Aufenthaltspapiere leben und
>> die damit, was staatlichen Schutz angeht, nahezu vogelfrei sind.)
>
> Vielleicht hat aber die ansässige Bevölkerung ein berechtigtes Interesse
> daran, mitzubestimmen, wer sich hier aufhält, und diese Entscheidungen
> auch durchgesetzt zu sehen.
>
> Das ist also vielleicht gerade kein sehr gutes Beispiel.
>
>> Auf _alle_ Daten, die irgendwo gesammelt werden, kann der Staat unter
>> bestimmten Umständen irgendwie zugreifen.
>
> Darüber ist man ja u.U. froh, wenn etwa deshalb ein Mord aufgeklärt
> werden kann.
>
>> Und damit entspreche ich nicht nur meiner persönlichen politischen
>> Grundeinstellung, sondern durchaus auch den Prinzipien des Grundgesetzes.
>
> Ohne Zweifel.
>
> Das wurde ja von den von dir erwirkten Gerichtsurteilen eindrucksvoll
> bestätigt.
>
> Und das meine ich ohne Ironie mit größtem Respekt.
>
>> Wenn ich eine Webseite besuche, willige ich in der Regel _nicht_ ein,
>> dass meine IP-Adresse gespeichert wird.
>
> Implizit schon. HTTP-Kommunikation erfordert nun mal Übertragung der
> IP-Adresse, und dass die Gegenseite Informationen,die sie einmal hat,
> nicht wieder vergisst, ist anzunehmen, zumal die IP-Adressen für diverse
> Zwecke, angefangen von der Verteidigung gegen DOS-Attacken, gebraucht werden.
>
>> Und wenn ich eine Webseite nur besuchen kann, wenn ich in die
>> Speicherung meiner IP-Adresse einwillige, dann kann von Freiwilligkeit
>> keine Rede mehr sein.
>
> Doch.
>
> Du kannst auf den Besuch verzichten.
>
> Du kannst eine Initiative gründen, die interessante Webseiten spiegelt und
> dort derart verfügbar macht, dass IP-Adressen nicht gespeichert werden.
>
> Du kannst darauf hinwirken, dass im Netz ein Druck auf Webseitenbetreiber
> entsteht, sich als nichtspeichernd auszuweisen. Andernfalls bekämen sie
> dann vielleicht keine Besucher und keine Links.
>
>>> Der beste Datenschutz dürfte vielfach darin bestehen, dass man für
>>> Wettbewerb
>>> sorgt.
>>
>> Ich bin davon überzeugt, dass freier Wettbewerb _nicht_ zu einem
>> besseren Datenschutz führen wird.
>>
>> Wie kommst Du auf die Idee?
>
> Weil dann der Kunde eher König sein und über den Hebel seiner
> Kaufentscheidung, in Kombination mit etwas öffentlicher Kommunikation,
> die Anbieter zu einem bestimmten Verhalten veranlassen kann.
>
> --
> Hartmut Pilch http://a2e.de/phm
> Vizevorsitzender FFII e.V. http://a2e.de/ffii
> Schutz der Wissensökonomie vor juristischer Überregulierung
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