Re: [phm@xxxxxx: [ffii] Ratspraesidentschaft "beschliesst" Softwarepatent-Vereinbarung]
On 8 Mar 2005, at 3:24, Joerg-Olaf Schaefers wrote:
> 1.) Was ist heute passiert?
Ein Verfahrensschritt (nicht der letzte in der Kette der
erforderflichen Verfahrensschritte) zur Verabschiedung einer
Richtlinie ueber die Harmonisierung des nationalen Patentrechtes in
allen EU-Staaten bezueglich der Patentierbarkeit computer-
implementierter Erfindungen ist vollzogen worden.
> 2.) Sind heute "Softwarepatente" für Europa beschlossen worden?
> Unausweichlich?
a) Es gibt bereits seit langem rechtmaessige, gueltige und
gerichtlich durchsetzbare Patente auf computer-implementierte
Erfindungen, erteilt sowohl vom Eurooaeischen Patentamt als auch von
nationalen Patentaemtern (z.B. DPMA).
b) Das endgueltige Zustandekommen der Richtlinie ist nicht
unausweichlich. Die Richtlinie kann in der zweiten Lesung im
Europaeischen Parlament abgeaendert oder sogar abgelehnt werden. Die
EU-Kommission kann das Verfahren beenden.
> 3.) Falls ja: Gibt es formale Ansätze, nach denen die heutige
> Entscheidung zweifelhaft ist/angegangen werden kann?
Der Rat hat beschlossen und wird sich nicht wieder damit befassen, es
sei denn im Rahmen eines Vermittlungsverfahrens mit dem Europaeischen
Parlament, falls das Parlament Aenderungen durchsetzen will.
Ich vermute, dass auch eine Klage vor dem EuGH moeglich ist, wenn man
meint, dass der Rat bei der Beschlussfassung europaeisches Recht
verletzt hat. Mir ist aber nicht bekannt, wer klageberechtigt waere
(nur betroffene Institutionen / Laender?).
Offen ist insbesondere die Frage, in welchem rechtlichen Verhaeltnis
der gestrige Ratsbeschluss zum Beschluss der Parlamentsgremien steht,
das ganze Verfahren noch einmal von vorn beginnen zu wollen.
> 4.) Falls nein: Welche Gremien (EU/Auf Ebene der Länder) können
> die Entscheidung von heute noch kippen/blockieren/verhindern? 5.)
Das Europaeische Parlament kann den Richtlinienentwurf noch kippen.
Veraenderungen kann es nur im Einvernehmen mit dem Rat geben.
Es ist nicht erforderlich, dass das Parlament der Ratsfassung
zustimmt; vielmehr hat es nur das Recht, die Ratsfassung mit
absoluter Mehrheit abzulehnen oder aber Veraenderungsvorschlaege zu
machen, die aber nur mit Zustimmung des Rates wirksam werden koennen
(ggfs. Vermittlungsverfahren im Vermittlungsausschuss).
Und: Nicht zu vergessen ist auch, dass die EU-Kommission das
alleinige Initiativrecht hat. Wenn die Kommission seinen Entwurf aus
dem Jahre 2002 formal zurueckzieht, dann ist das Verfahren zu Ende,
egal, was der Rat und das Parlament machen. Die Kommission kann dann
theoretisch einen neuen Entwurf starten, muss aber (rechtlich
gesehen) nicht.
> Was passiert als nächstes?
Der Ratspraesident schreibt dem Parlamentspraesidenten einen Brief,
in dem drinsteht, dass der Rat die gestrige Fassung formal
beschlossen hat. Das Parlament muss dann sehen, ob es "business as
usual" macht, d.h. in die zweite Lesung geht, oder ob es wegen des
Neustart-Begehrens darin eher ein Problem sieht.
--AHH
--
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