Rats-"Kompromisspapier" fuer unbegrenzte Patentierbarkeit
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Bundesregierung kämpft für Softwarepatente, gegen Änderungsanträge des
EU-Parlaments
http://swpat.ffii.org/log/04/cons0129/index.de.html
Der Rat der Europäischen Union, momentan unter der Präsidentschaft
Irlands, verteilt ein Arbeitspapier mit Gegenvorschlägen zu den
Änderungen des Europäischen Parlaments am
Softwarepatent-Richtlinienentwurf. Im Gegensatz zur Version des
Europäischen Parlaments erlaubt diese Ratsversion unbegrenzte
Patentierbarkeit und Patentdurchsetzung. Nach der Version des Rates
sind "computer-implementierte" Algorithmen und Geschäftsmethoden, wie
sie bereits in großer Zahl vom Europäischen Patentamt gegen den
Buchstaben und Geist des geschriebenen Gesetz gewährt wurden, allesamt
patentierbare Erfindungen. Die Veröffentlichung einer Beschreibung
einer patentierten Idee auf einem Webserver in einer formalen Sprache
stellt eine Patentverletzung dar, und die Verwendung von patentierten
Protokollen oder Dateiformaten zum Zweck der Interoperabilität ist
nicht erlaubt. Dieser Vorschlag wurde hinter verschlossenen Türen von
der Patentarbeitsgruppe des Rates vorbereitet, einer Gruppe von
Patentrechtlern, die das Europäische Patentamt betreiben.
Das "Kompromisspapier der Ratspräsidentschaft"
Der "Arbeitsausschuss zu Geistigen Eigentum (Patente)" des EU Rates
wird [25]planmäßig am 2. März zusammenzukommen, um die [26]Änderungen
des Europäischen Parlaments an der geplanten Softwarepatentrichtlinie
zu diskutieren.
Die Diskussion basiert auf einem als vertraulich gekennzeichneten
[27]Arbeitspapier mit dem Titel "Kompromisspapier des
Ratspräsidenten". Dieses Papier entfernt sämtliche Anhänge des
Parlaments, die die Patentierbarkeit einschränken. Im Einzelnen:
1. Alle Definitionen von "technisch", "Erfindung" und "industriell"
sind entfernt, und das wo eine Patentierbarkeit einzig durch diese
Begriffe begrenzt ist.
2. Die Freiheit der Veröffentlichung ist aus Art 5 entfernt,
stattdessen werden Informationsgüter direkt beanspruchbar, so dass
Internet-Zugangsanbieter verklagt werden können, wenn sie die
Veröffentlichung von unabhängig entwickelten Programmen auf ihren
Servern zulassen. (siehe [28]Programmansprüche: Verbote der
Veröffentlichung Nützlicher Patentbeschreibungen)
3. Art 6a (Freiheit der Interoperation) ist entfernt. Auf diese
Weise bekommt Microsoft grünes Licht für sein neues
Lizenzprogramm für patentierte Dateiformate, und große
Software- und Telekommunikationsunternehmen können Gebühren für
die nächste Generation von Internet-Standards verlangen.
4. Ein paar kosmetische Veränderungen durch EPA-freundliche MEPs,
wie Arlene McCarthy und Joachim Wuermeling, haben den Weg in
den Entwurf gefunden. Unter diesen finden sich Entwürfe, die in
der Plenarabstimmung des Europäischen Parlaments abgelehnt
wurden.
siehe [29]EU Rat 2004/01/29: "Kompromissvorschlag der Präsidentschaft"
zu Softwarepatenten und [30]EU Software Patent Directive Articles 1-6:
Parliament's vs Council's Version
Kompromissposition?
Jonas Maebe, der Sprecher des FFII in Belgien, kommentiert den
"Kompromiss": unter der irischen Ratspräsidentschaft:
Es ist als würde man in einer Debatte, ob man neue Mitgliedstaaten in
die Eu aufnimmt oder nicht, einen Kompromiss vorschlagen, sie nicht
aufzunehmen und zusätzlich mit Handelssanktionen zu belegen.
Es ist, als wenn als Ergebnis einer Diskussion über Tempolimits auf
den Straßen nicht nur die Geschwindigkeitsbeschränkungen aufgehoben,
sondern auch noch die Gurtpflicht abgeschafft würde.
Was ein Kompromiss ist, und was nicht, sollte klarer werden, wenn man
die Vorschläge auf einer Skala anordnet:
Nr Forderung Unterstützer
0 überhaupt keine Patente viele [31]Volkswirte aber keine
organisierten
Interessengruppen in der
aktuellen Debatte
1 keine Patente auf irgendetwas, Gewisse Fantasiefiguren, wie Arlene
das in irgendeiner Verbindung McCarthys [32]Free Software Alliance
und
mit Software steht die [33]"wenigen großen Software
Distributoren" wie von Patentanwalt
Dr. Kai Brandt in einem Magazin für
Siemens-Angestellte dargestellt.
2 keine Patente auf reine [34]Europäisches Parlament
Software, Freiheitsgarantie 2004-09-24, [35]FFII
für Veröffentlichung und
Interoperation
3 unbegrenzte Patentierbarkeit, [36]Kommission 2002-02-20,
begrenzte Durchsetzung [37]JURI 2003-06-17
4 unbegrenzte Patentierbarkeit, [38]EU Rat 2004/01/29:
unbegrenzte Durchsetzung "Kompromissvorschlag der
Präsidentschaft"
Interessen hinter der Position des Rates
Es sollte erwähnt werden, dass der Rat von der Kommission in seiner
Extremposition bestärkt wurde, wie aus einem durchgesickerten
[39]Kommissionspapier von 2003/11 ersichtlich wird.
Briefe der Chefs großer Firmen an hohe Politiker (von einem Brief von
v. Pierer an Schröder wird in Berliner Regierungskreisen berichtet, der Inhalt
dürfte dem in http://swpat.ffii.org/news/03/telcos1107/ analysierten ähneln)
haben für zusätzliche Rückendeckung gesorgt.
Es ist gängige Praxis der Patentexperten im Rat, eigenmächtig zu handeln,
jegliche Anweisungen ihrer Minister dabei zu ignorieren oder zu umgehen,
selbst im seltenen Fall, dass solche Anweisungen überhaupt existieren. Der
Patentarbeitsauschuss des Rates bietet vielmehr einen Schleier der Anonymität,
unter dem die Vertreter der Mitgliedsstaaten jede Haltung einnehmen können,
die sie möchten, ohne dafür jemals zur Verantwortung gezogen zu werden. In
Deutschland behauptet die Regierung beispielsweise von sich, im Rat eine
mäßigende Rolle zu spielen. Aus anderen Quellen weiß man jedoch, dass die
deutschen Vertreter zusammen mit den Briten, Dänen und Österreichern
Extrempositionen für Softwarepatente vertreten. Andere Regierungen
(z.B. Belgien, Portugal) verweisen gelegentlich auf die deutsche harte
Position und geben dann an, ein kleines Land könne nichts dagegen tun. Aber
nur wenig kann bewiesen werden, da selbst die Mitglieder des Parlaments keinen
Zugang zu den Verhandlungen des Rates haben. Soweit schriftliche Protokolle
des Rates überhaupt zugänglich sind, sind die Positionen der unterschiedlichen
Regierungen anonymisiert. Die Arbeitspapiere unterdessen werden vertraulich
gehalten. So können nationale Parlamentarier nichts über diejenigen
Gesetzgebungsverfahren erfahren, geschweige denn sie beeinflussen, welche die
Freiheiten und Interessen ihrer Wähler einschneidend berühren.
Kommentierte Verweise
[...]
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Hartmut Pilch +49-89-18979927
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Über den FFII -- www.ffii.org
Der FFII ist ein in München eingetragener gemeinnütziger Verein für
Volksbildung im Bereich der Datenverarbeitung. Der FFII unterstützt
die Entwicklung öffentlicher Informationsgüter auf grundlage des
Urheberrechts, freien Wettbewerbs und offener Standards. Über 300
Mitglieder, 700 Firmen und 50.000 Unterstützer haben den FFII mit der
Vertretung ihre Interessen im Bereich der Gesetzgebung zu
Software-Eigentumsrechten beauftragt.
Ständige URL dieser Pressemitteilung
http://swpat.ffii.org/log/04/cons0129/index.de.html
Verweise
25. http://register.consilium.eu.int/pdf/en/04/cm00/cm00543.en04.pdf
26. http://swpat.ffii.org/papiere/europarl0309/index.de.html
27. http://swpat.ffii.org/papiere/europarl0309/cons0401/index.de.html
28. http://swpat.ffii.org/papiere/eubsa-swpat0202/prog/index.de.html
29. http://swpat.ffii.org/papiere/europarl0309/cons0401/index.de.html
30. http://swpat.ffii.org/papiere/europarl0309/cons0401/tab/index.en.html
31. http://swpat.ffii.org/archiv/spiegel/wirkung/index.de.html
32. http://swpat.ffii.org/akteure/fsa/index.en.html
33. http://swpat.ffii.org/papiere/siemens-brandt03/index.en.html
34. http://swpat.ffii.org/papiere/europarl0309/index.de.html
35. http://swpat.ffii.org/papiere/eubsa-swpat0202/prop/index.de.html
36. http://swpat.ffii.org/papiere/eubsa-swpat0202/index.de.html
37. http://swpat.ffii.org/papiere/eubsa-swpat0202/juri0304/index.en.html
38. http://swpat.ffii.org/papiere/europarl0309/cons0401/index.de.html
39. http://swpat.ffii.org/papiere/europarl0309/cec0311/index.en.html
40. http://swpat.ffii.org/papiere/bgh-abs80/index.de.html
41. http://swpat.ffii.org/papiere/europarl0309/appell/index.de.html
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